Neu im Kino: "Ich bin dann mal weg":In Badelatschen zur Erleuchtung

Neu im Kino: "Ich bin dann mal weg": Trotz Blasen an den Füßen strahlt der Pilger Hape Kerkeling (Devid Striesow) in Julia von Heinzes Verfilmung von "Ich bin dann mal weg".

Trotz Blasen an den Füßen strahlt der Pilger Hape Kerkeling (Devid Striesow) in Julia von Heinzes Verfilmung von "Ich bin dann mal weg".

(Foto: Warner)

Ein moppeliger Devid Striesow tappt als Hape Kerkeling durch die Verfilmung des Pilgerbuch-Beststeller "Ich bin dann mal weg".

Von Martina Knoben

Da geht also ein TV-Entertainer mit Burn-out-Syndrom auf Wanderschaft, um Gott und sich selbst zu finden. Aus der therapeutischen Pilgerreise ist erst ein Bestseller und nun ein Film geworden: Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" verkaufte sich rund fünf Millionen Mal und kommt nun ins Kino. Nach seinem Erscheinen 2006 löste das Buch einen regelrechten Pilger- und Pilgerbuchboom aus. Und diejenigen, die immer ein bisschen witzig sein wollen, konnten sich nicht mehr verabschieden, ohne lässig ein Ich-bin-dann-mal-weg in die Runde zu werfen.

Kerkeling hatte einen Nerv getroffen und in einem durchsäkularisierten Land, in dem den Kirchen die Mitglieder davonlaufen, eine Sehnsucht formuliert, die auch hinter so manchem Ayurveda- oder Yogaurlaub steckt: sich mal ausklinken, den gottlosen Großstädter daheim lassen, um wandernd, meditierend, fastend oder sich verrenkend zu einer (oftmals vagen) Spiritualität zu finden. Religion wird zum Abenteuer: Als Sportmuffel mit Übergewicht Hunderte Kilometer unter spanischer Sonne auf dem Jakobsweg zu wandern klingt allemal spannender, als endlich mal wieder in die Kirche zu gehen.

Sympathisch moppelig tappt Striesow durch den Film

Devid Striesow spielt nun Kerkeling - und schon dieser Verwandlung zuzusehen lohnt den Besuch des Films. Einen Menschen darzustellen, den jeder kennt, ist nicht leicht. Kerkeling kennen viele, als Lokalreporter Horst Schlämmer oder genialen Interpreten des Dada-Opern-Solos "Hurz!" Mit seinen blauen Strahleaugen im pausbäckigen Gesicht ist Striesow die ideale Besetzung für den TV-Komödianten, dessen Gottsuche sich vor allem durch jungenhafte Offenheit und lausbubenhaften Witz auszeichnet. Wie Kerkeling ist auch Striesow ein Verwandlungskünstler. Um sich seinem Vorbild figürlich anzunähern, hat der Schauspieler ein paar Kilo zugelegt. So tappt er sympathisch moppelig durch den Film - und der Zuschauer hat bald vergessen, dass dies nicht der echte Kerkeling ist. Dieser wird im Abspann als Koautor genannt - sich selbst als 14 Jahre jüngeren Mann wollte er nicht spielen.

Der Film hält sich stark an seine Buchvorlage, auch wenn die Regisseurin Julia von Heinz das Personal zwangsläufig verkleinert hat, es nur noch zwei wichtige Frauenfiguren während Hapes Wanderung gibt. Aber was für Frauen! Die eine, Stella, ist den Jakobsweg schon einmal mit ihrer krebskranken Tochter gegangen. Stella wird von Martina Gedeck gespielt, die der Weihnachtskomödie am Ende unerwartete Wucht und Tiefe verleiht. Dazu kommt Lena (Karoline Schuch), eine ganz Schnippische. Und Hapes "Omma" (Katharina Thalbach), die in Rückblenden auftaucht - sehr vergnüglich.

Visuell ist der Film uninspiriert, aber die Wortwitze sitzen

Dass Kerkeling auf seinem Weg im Jahr 2001 nicht den Promi gibt, sondern als Pilger an schmuddeligen Herbergen und dem Wandern verzweifelt und sich kein bisschen über seine Mitwanderer erhebt, machte schon das Buch sympathisch. Ein Erfolg aber wurde es, weil Kerkeling trotz der Krise, in der er steckte - nach Hörsturz, Herzinfarktverdacht und operativer Entfernung der Gallenblase - auf das vertraute, was er am besten kann: mithilfe der Sprache zu unterhalten.

Dieser Wortwitz trägt nun auch den Film, Gottsuche kann ganz schön komisch sein. Die banalen Aspekte des Pilgerns sind es sowieso: verwanzte Betten, deutsche Mitwanderer, die aufdringlich um ein Autogramm bitten, Kerkeling, der in Badelatschen die Pyrenäen überquert - da gleitet der Film schon mal in Richtung Klamauk ab. Andere Pointen dagegen stimmen, wenn etwa Kerkeling immer wieder Lena begegnet, und diese kommentiert: "Die Welt ist ein Dorf." Er entgegnet: "Wohl eher eine Doppelhaushälfte." Kerkeling kann Sprache - seine Sätze sind oft aus dem Off zu hören.

Produziert wurde "Ich bin dann mal weg" vom TV-Routinier Nico Hofmann. Neben ihm und Kerkeling wirkt Regisseurin Julia von Heinz ("Hannas Reise") wie ein filmisches Leichtgewicht. Ihre Inszenierung kann dem Erfolgsbuch nicht viel hinzufügen, visuell ist "Ich bin dann mal weg" recht brav. Dass die Bilder selbst im Regen noch strahlen, darf man der Regisseurin aber nicht übel nehmen, wo es schließlich um Erleuchtung geht.

Aber die Ernsthaftigkeit, mit der Kerkeling nach Gott sucht - ihn schließlich auch findet -, ist am Ende wirklich beeindruckend. Wen oder was er da genau gefunden hat, darüber schweigt sich der Entertainer klugerweise aus, und auch der Film findet dafür eine dezente Lösung. Manchmal aber reicht eben schon das Durchbrennen einer Glühbirne als Gottesbeweis: und peng!

Ich bin dann mal weg, D 2015 - Regie: Julia von Heinz. Buch: Jane Ainscough, Christoph Silber, Sandra Nettelbeck. Kamera: Felix Poplawsky. Mit: Devid Striesow, Martina Gedeck, Karoline Schuch, Katharina Thalbach, Annette Frier, Heiko Pinkowski. Warner, 92 Minuten.

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