Dheepan - Dämonen und Wunder
Im diesjährigen Cannes-Gewinnerfilm finden drei Flüchtlinge aus Sri Lanka Asyl in einer brutalen Pariser Cité. Das einzige Heilsversprechen ist körperliche Gewalt. Jacques Audiard behandelt seine Figuren mit dem indifferenten Pragmatismus eines Einwanderungsbeamten und realisiert nebenbei das Phantasma der französischen Rechten, mit dem Kärcher die Banlieus mal von dem ganzen "Gesindel" zu befreien.
Knock Knock
In einer stürmischen Regennacht tauchen zwei hübsche junge Mädchen in knappen Shorts und engen Tops vor der Villa des verheirateten Architekten Evan (Keanu Reeves) auf. Seine Familie ist im Kurzurlaub, und so entspinnt sich für eine Nacht eine wilde Affäre - die in einem Blutrausch endet. Tarantino-Zögling Eli Roth inszeniert seinen Horrorthriller als zynisches Plädoyer für die Monogamie. Eine Videorezension zum Film finden Sie hier.
Dark Places - Gefährliche Erinnerung
28 Jahre nach dem berüchtigten "Kansas Prairie Massaker" muss sich die einzige Überlebende Trauma und Schuldfrage stellen. So wie David Finchers "Gone Girl" kreist auch die zweite Verfilmung eines Romans von Gillian Flynn um getäuschte Wahrnehmungen, einen satirischen Blick auf die moderne Mediengesellschaft und eine Heldin, deren unversöhnliche Härte sonst Männern vorbehalten ist. Während Gilles Paquet-Brenner die Puzzleteile nicht zum schlüssigen Bild verknüpfen kann, fasziniert Charlize Theron mit einer stählernen Präsenz, die durchlässig ist für das kleine, verängstigte Mädchen darunter.
By The Sea
Angelina Jolies dritte Regiearbeit tut so, als wäre sie ein Ehedrama, nur wirkt das alles so oberflächlich und gekünstelt, dass man es kaum mit ansehen kann. Das Paar, dass sich da in Siebziger-Jahre-Kostümen anödet, spielen Brad Pitt und Jolie selbst. Vor allem letzteres ist gar keine gute Idee - denn so hat sie keiner daran gehindert, zwei Stunden lang affektierte Pin-Up-Posen aneinander zu reihen. Eine ausführliche Kritik zum Film lesen Sie hier, eine Videorezension sehen Sie hier.
Der große Tag
Eine Erbauungsdokumentation: Vier Jugendliche aus armen Verhältnissen verfolgen konsequent ihren Zukunftstraum und erobern sich eine Ausbildung. Unterstützt werden sie von hingebungsvollen Eltern, Lehrern, Trainern, die erwähnten Verhältnisse liegen in den farbenprächtigsten Ländern. Trotz allem Kitsch sind Pascal Plissons Protagonisten rührend, weil sichtlich stolz auf ihren Filmauftritt.
Heidi
Um die Jahrtausendwende sah man Heidi mit blaugefärbten Haaren in einem Intercafé. Heute ist wieder alles so, wie man es aus der Erzählung von Johanna Spyri kennt - Heidi, grandios gespielt von Anouk Steffen, läuft barfuss über Bergwiesen, trinkt mit dem Alpöhi (Bruno Ganz) frische Ziegenmilch, muss nach Frankfurt, wo alles Pferdekutsche fährt. Dennoch ist es kein süßlicher Heimatfilm: Regisseur Alain Gsponer zeigt auch, wie hart das Leben in einem engen Bergdorf war. Eine ausführliche Kritik lesen Sie hier. Eine Videorezension zum Film finden Sie hier.
Sand Dollars
Ein melancholischer Film über die Liebe, über Abhängigkeiten und Betrug. Und auch: über junge und alte Körper, schwarze und weiße Haut. Im Zentrum eines Beziehungsdreiecks steht eine junge dominikanische Prostituierte, die eine Langzeitbeziehung zu einer älteren Französin pflegt. Trotz der Sextourismus-Story ist der Film von Laura Amelia Guzmán und Israel Cárdenas in keinem Moment plakativ. Unbedingt sehenswert ist Geraldine Chaplin - sie spielt die Sugarmama als von der Liebe getroffenes, waidwundes Tier.
Der kleine Prinz
Ein kleines Mädchen wird von der perfektionistischen Mutter viel zu früh in ein Erwachsenenkorsett geschnürt. Als ihr der verrückte alte Nachbar vom "Kleinen Prinzen" erzählt, entdeckt sie aber doch noch Freiheit, Mut und Fantasie. "Kung Fu Panda"-Regisseur Mark Osborne hat aus dem gefühligen Klassiker einen Animationsfilm gemacht, den man nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit den Augen sehr gut ansehen kann. Eine Videorezension zum Film sehen Sie hier.
Mistress America
Brooke hat tausend Ideen, nur mit der Verwirklichung hapert es - denn diese Frau lebt so intensiv, dass in ihrer Welt kein Platz ist für langweilige Strebsamkeit. Regisseur Noah Baumbach und seine Hauptdarstellerin Greta Gerwig haben sich Brooke zusammen ausgedacht, eine schlagfertige, naive, witzige, sture Heldin - und porträtieren nebenbei ein New York, das von seinen Verrückten lebt und es ihnen doch immer schwerer macht.
Dorf der verlorenen Jugend
Eine mysteriöse Selbstmordwelle unter Jugendlichen erschüttert eine britische Kleinstadt. Während der Polizist Dave versucht, die Suizide zu stoppen, gerät seine Tochter Sara (Hannah Murray) immer tiefer in einen Sumpf aus Trostlosigkeit, Gewalt und Alkoholexzessen - bis sie selbst am Rande des Abgrunds steht. In seinem Spielfilmdebut entwirft Regisseur Jeppe Rønde ein düsteres Abbild der Realität der walisischen Region Bridgend. Dort nahmen sich innerhalb von fünf Jahren 79 Jugendliche das Leben. Zurück bleiben beklemmende Bilder, kaputte Seelen und die Frage nach dem warum.
Der Perlmuttknopf
Chile, das unförmige Land, langgestreckt, über 4000 Kilometer Küste. Patricio Guzman fährt in seinem neuen Film in den Süden, dort gibt es Fjorde und Inseln, Gletscher und Vulkane, und letzte Überlebende alter einheimischer Stämme. Ein Film der Erinnerungen, an die Frühzeit des Landes, den Ursprung der Menschheit, ihre Mythen und ihre Zukunft. Die Kraft des Wassers. Dann die Erinnerungen Chiles an den Putsch von Pinochet, an die Menschen, die unter der Diktatur verschwunden sind, ihre Leichen überm Meer abgeworfen, manchmal ist nichts von ihnen geblieben als ein Perlmuttknopf neben einer Eisenschiene.