Neu im Kino: "Die glorreichen Sieben":Ein Remake, das die Welt wirklich gebraucht hat

Lesezeit: 3 Min.

Denzel Washington (Mitte) führt seine wilde Truppe im Kampf gegen einen fiesen Geschäftsmann an, der ein Westerndorf terrorisiert. (Foto: Sony)

Actionspezialist Antoine Fuqua hat den Hollywoodklassiker "Die glorreichen Sieben" als Multikulti-Western neu verfilmt.

Filmkritik von Philipp Stadelmaier

Der amerikanische Regisseur John Sturges hat einmal erzählt, der schönste Tag seines Lebens sei gewesen, als ihm der japanische Kinogroßmeister Akira Kurosawa zu seinem Western "Die glorreichen Sieben" gratuliert habe, ein Remake von Kurosawas "Die sieben Samurai". Das war in den Sechzigerjahren, also zu einer Zeit, als Remakes noch die Ausnahme waren. Heute sind in Hollywood Remakes und Fortsetzungen Standard, und Regisseure müssen vor allem gute Handwerker sein. So wie Antoine Fuqua, der mit Musikvideos auf sich aufmerksam machte und mit "Die glorreichen Sieben" ein Remake vom Remake gedreht hat.

Nun kommen bei diesen Neuverfilmungen, in denen Hollywood sein Heil sucht, oft grandiose finanzielle und künstlerische Debakel heraus, so wie kürzlich bei "Ben-Hur". Ab und an entstehen aber auch echte Perlen, so wie Fuquas "Glorreiche Sieben". Am Anfang reiten ein Afroamerikaner, ein Ire, ein Franzose, ein Koreaner, ein Mexikaner, ein Indianer und ein gottesfürchtiger Tramper durch die Prärie und sind sich in einer Sache weitestgehend einig: Das kann nicht gut ausgehen. Was keine Anspielung ist auf die Harmonie in der Gruppe von Revolverhelden, sondern auf ihren Auftrag. Sie sind in ein kleines Dorf unterwegs, das ihre Hilfe erbeten hat. Ein fieser Geschäftsmann will sich das gesamte Kaff unter den Nagel reißen und terrorisiert daher mit einer beachtlichen Söldnerarmee die Bewohner bis aufs Blut. Die rekrutieren daraufhin den von Denzel Washington gespielte Chisolm, der sechs weitere Spezialisten anheuert, die gut mit der Pistole umgehen können. Nur der Indianer bevorzugt Pfeil und Bogen und der Koreaner spitze Haarnadeln. Ist der Gegner auch zahlenmäßig und technisch überlegen, so helfen individuelle Talente, Gemeinschaftsgeist und eine starke Allianz mit den Dorfbewohnern.

Die Opfer sind im Remake nunmehr die Weißen

Diese multiethnische (und durch und durch amerikanische) Gruppe ist schon mal eine sinnvolle Neuerung gegenüber der alten Bande um Yul Brynner, der trotz seiner russisch-mongolisch-schweizerischen Herkunft zuvorderst einen weißen amerikanischen Mann spielte, der eine Bande weiterer weißer Männer anführte. Während außerdem früher die Opfer mexikanische Bauern waren, sind nunmehr die Opfer eben die Weißen: lammfromme, "einfache und hart arbeitende" Farmer und Minenarbeiter. Und der Terror geht heute nicht mehr von irgendeiner dubiosen sadistischen Gangsterbande aus, sondern von einem vampirbleichen Kapitalisten, der zu Beginn furios die Kirche der gottesfrommen Lämmer niederbrennt, da er in Fortschritt, Kapitalismus und Gold seine einzigen Götter sieht.

In Zeiten eines drohenden Präsidenten Trump könnte die Botschaft nicht klarer sein: Amerika ist ein Einwanderungsland und der White Trash braucht Multikulti, weil er als Monokultur zu schwach ist, um zu überleben.

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Neben dem ethnischen Mix leistet der Film außerdem einen Beitrag zur geschlechtlichen Gleichstellung im Actionkino. Nachdem zuletzt in "Star Trek", "Star Wars" oder der "Ghostbusters"-Neuverfilmung auch zunehmend Frauen die Waffen in die Hand nahmen, erhalten die glorreichen Sieben ihrerseits Unterstützung von einer jungen Frau, die als Einzige, wie sie sagt, "die Eier hat", um das Dorf aktiv vor dem Untergang zu schützen. Einziger Kritikpunkt: Es hätten noch mehr Frauen sein dürfen, um die Bande auch geschlechtlich durchzumixen. Aber das kann man ja in einem späteren Remake nachholen.

Dass aber mit Chilsom ein Afroamerikaner Chef der Truppe ist, ist ja auch schon mal nicht schlecht. Damit erinnert der Film, der kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs in den Südstaaten spielt, vor allem an die zwei letzten Filme von Quentin Tarantino, "Django Unchained" und "The Hateful Eight", in denen zwei Schwarze zu Helden des ehemals weißen Westerngenres wurden. Wenn dann außerdem noch Chisolms Partner (Chris Pratt) seinen Gegnern einen haarsträubenden Kartentrick vorführt, um sich aus der Affäre zu ziehen, dann hat diese leicht arrogante Verspieltheit, gepaart mit allerhand kecken Sprüchen, auch etwas von Djangos Partner, dem von Christoph Waltz gespielten Dr. Schultz.

Es gibt aber einen großen Unterschied zu Tarantino: Der Rassismus, den Tarantino in aller Deutlichkeit visuell ausbreitet, wird hier nie thematisiert. Es gibt, und das ist das wirklich Schöne an diesem Film, nicht eine einzige rassistische Bemerkung. Niemanden scheint es auch nur die Bohne zu interessieren, wer welche Hautfarbe oder was auch immer hat. Damit wird nicht nur erklärt, dass es im Jahre 2016 selbstverständlich sein sollte, dass ein Schwarzer die Bande der Sieben anführt. Da es sich um ein Remake handelt, spürt man auch, dass dies schon 1960 hätte selbstverständlich sein sollen. Dies wird da deutlich, wo Fuqua dem Vorbild sehr verbunden bleibt und er sogar manche Kamerabewegungen von seinem Vorgänger übernimmt. So zeigt Fuqua nicht nur, dass ein Remake auch mal gelingen kann. Er zeigt vor allem, dass es Filme gibt, die man sogar unbedingt neu machen muss.

The Magnificent Seven , USA 2016 - Regie: Antoine Fuqua. Buch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto. Kamera: Mauro Fiore. Mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke. Sony, 132 Minuten.

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© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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