Neu im Kino: "Bruder vor Luder":Alles Luder außer Mutti

Bruder vor Luder; Film

Youtube-Stars Roman und Heiko Lochmann in ihrer Teenie-Komödie "Bruder vor Luder".

(Foto: 2015 Constantin Film Verleih GmbH)

Die Teenie-Komödie "Bruder vor Luder" der Youtube-Geschwister Lochmann hat kaum mehr zu bieten als pubertäre Witze und stereotype Frauenbilder.

Filmkritik von Felicitas Lachmayr

Die Lochis erobern die Leinwand. Die wer? Die Lochis. Kennen Sie nicht? Dann haben Sie die Pubertät bereits hinter sich. Wären Sie ein 13-jähriger Teenager, hätten Sie fünf Poster dieses Duos an der Wand hängen, könnten jede einzelne Songzeile von "Ich bin blank" auswendig mitsingen und würden Ihren Eltern ordentlich Druck machen, um ja nicht das nächste Konzert zu verpassen.

Die Zwillingsbrüder Roman und Heiko Lochmann alias Die Lochis sind Teenie-Stars. Auf Youtube haben sie mehr als 1,7 Millionen Fans, ihr Song "Durchgehend Online" toppt mit fast 16 Millionen Klicks sogar die ultimative Jugend-Hymne "Smells Like Teen Spirit" von Nirvana. Aber die ist sowieso total oldschool - genauso wie MTV und VIVA. Die Jugend von heute hat andere Idole. Und die Lochis stehen ganz oben auf der Favoritenliste.

Pubertäre Witze und hohle Sprüche

Jetzt ist das Duo nicht mehr nur in selbstgedrehten Youtube-Videos zu sehen, sondern auch auf der Kinoleinwand. "Bruder vor Luder" heißt der Film der 16-jährigen Zwillinge. Nach der Zombie-Komödie "Kartoffelsalat", die im Sommer erschien, ist es der zweite Kinoauftritt von und mit Youtubern.

Die Fans dürfte das freuen. Eltern, die sich um des weihnachtlichen Friedens willen zu einem Kinobesuch genötigt fühlen, sollten dagegen nicht zu viel erwarten. Denn "Bruder vor Luder" ist von Teenies für Teenies und hat neben pubertären Witzen, hohlen Sprüchen und einer vorhersehbar platten Handlung nicht viel mehr zu bieten.

In gewohnter Youtube-Manier inszenieren sich die Lochis darin selbst - nette, coole Jungs mit großen Plänen und einer noch größeren Fanbase, die ihr erstes Live-Konzert organisieren. Bis ihnen das erfolgsgeile Blondchen Jessy (Milena Tscharntke), in jugendlichem Fachjargon auch "Fame-Bitch" genannt, in die Quere kommt. Mit unschuldiger Schulmädchen-Attitüde bezirzt sie Heiko, um an seinem Ruhm teilzuhaben. Doch Bruder Roman durchschaut ihre Masche und versucht mit allen Mitteln, die Liebe der beiden zu sabotieren.

Gefühlte zehn Minuten hält die Kamera drauf, als Heiko während eines Dates mit Jessy dank einer vom Bruder verabreichten Pille plötzlich Durchfall bekommt, in der Toilette des Edelrestaurants vergeblich versucht, seiner Körperfunktionen Herr zu werden und am Ende den Handtrockner samt Klamotten in Brand setzt. Absurd - und spätestens nach zwei Minuten einfach nur nervig.

Längst veraltete Rollenklischees

Bei einer typischen Teenie-Komödie ist man diese Art von Humor gewöhnt. Was "Bruder vor Luder" wirklich unerträglich macht, sind die stereotypen Charaktere. Da wackeln Jessys dämliche Gehilfinnen in Leoparden-Hot-Pants durchs Bild. Denen fällt auf die Frage, wie man Jungs von sich überzeugt, nichts Blöderes ein als: "Kannst ja mein Fuck-Me-Kleid anziehen, das zieht immer."

Bruder vor Luder; Film

Jessy (Milena Tscharntke) spinnt eine Intrige, ihre hohlen Freundinnen helfen ihr dabei.

(Foto: 2015 Constantin Film Verleih GmbH)

Abgesehen von den beiden Hohlbirnen zeigt der Film genau zwei Typen von Frauen: Jessy, die intrigante Zicke, die nicht mehr im Kopf hat als sich selbst und die Farbe ihres Nagellacks, und Bella (Tara Fischer), ihre Schwester, ein stilles Mäuschen, das in Chucks und Parka dasteht und sich gegen Jessys Boshaftigkeiten nicht zu wehren weiß.

Natürlich sind diese Charaktere überzeichnet. Und vielleicht steckt in dem nervtötenden Selfie-Geknipse der beiden Dumpfbacken, die Jessy bei ihrem Plan helfen, auch ein bisschen jugendliche Selbstironie. Klickt man sich allerdings durch die Instagramm-Accounts und Video-Kanäle bekannter Youtube-Stars, von denen einige in "Bruder vor Luder" zu sehen sind, muss man einsehen: Die Youtube-Realität bestätigt längst veraltete Rollenklischees.

Weibliche Youtube-Stars wie Dagi Bee oder Bibi halten ihr Duckface samt neu erstandenen Kosmetikartikeln in die Kamera und geben Schminktipps. Die Jungs blödeln vor der Kamera, kommentieren Computerspiele oder das aktuelle politische Geschehen - wie Youtuber LeFloid, der im Sommer sogar Angela Merkel interviewte.

Altbekannte Knallchargen machen den Film auch nicht besser

Dass die Lochis, die mit ihren 16 Jahren selbst noch in der Pubertät stecken, beim Schreiben des Drehbuchs kaum Gedanken über Geschlechterklischees verschwendet haben, überrascht nicht. Aber worüber hat eigentlich der Rest der Filmcrew nachgedacht?

Vielleicht darüber, wie sie die wenigen erwachsenen Rollen möglichst gewollt witzig besetzen können. Dafür haben sie tief in der deutschen Comedy-Kiste gewühlt und altbekannte Knallchargen zutage gebracht.

Da hüpft Oliver Pocher als Animateur in neongrünem Badeanzug à la Borat am Beckenrand entlang, Axel Stein spielt den dauertelefonierenden Vater der Jungs und Petra Nadolny macht einen auf unliebsame Sozialarbeiterin, die den elternlosen Schwestern Jessy und Bella regelmäßige Kontrollbesuche abstattet. Diese Ansammlung von komödiantischen Nullnummern ist alles, nur nicht lustig.

Szenen, die den Fluchtinstinkt wecken

Wenn Nadolny den Mädchen mit drohendem Blick zu verstehen gibt, dass sie jedes noch so kleine Fehlverhalten sofort erkennen und bestrafen wird und dann wie ein lauernder Panther auf allen Vieren davon pirscht, weckt das nicht die Lachmuskeln, sondern den Fluchtinstinkt des Zuschauers.

Denn dieses humoristische Debakel ist kaum zu ertragen. Es sei denn, man ist dem schwankenden Hormonspiegel eines 13-jährigen Teenagers ausgeliefert.

Bruder vor Luder, D 2015 - Regie: Roman Lochmann, Heiko Lochmann, Tomas Erhart. Buch: Alexander Dydyna. Kamera: Tomas Erhart. Mit: Roman Lochmann, Heiko Lochmann, Milena Tscharntke, Tara Fischer, Alena Wolf, Petra Nadolny, Oliver Pocher, Axel Stein, Ludger Pistor. Constantin Film, 88 Minuten.

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