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Löwenjagden in der Banlieue, Waffenschmuggel, ein Film über Gauner, die Mode kopieren - und ein Jahrhundert deutscher Geschichte am Beispiel der Familie Heise.

Von Fritz Göttler

"Demokratie ist Quatsch, Diktatur ist gemein. Ich lese keine Zeitungen mehr." Udo schreibt das im Jahr 1951 an die geliebte Rosie, und es klingt wie einer der finsteren Verschwörungsblogs von heute. Die Passage wird uns vorgelesen in Heimat ist ein Raum aus Zeit, dem neuen Film von Thomas Heise. Weiter: "Gleichberechtigung ist unlogisch, unnatürlich, unsinnig. Außerdem ist der Mann ja nicht frei, er liebt, er begehrt." Udo, der im Westen studiert, will, dass Rosie, im Osten, rüberkommt und ihn heiratet. Fragmente einer Sprache der Politik und einer Sprache der Liebe, in all ihrer Zerrissenheit. Der Film zieht durch ein Jahrhundert deutscher Geschichte, dreieinhalb faszinierende Stunden lang, sammelt Dokumente der Familie Heise, vorgelesen von Thomas. Tagebücher, Briefe, Lebensläufe, von den Urgroßeltern bis zum Bruder, sie sind auf eine poetische Weise beklemmend, beglückend. Kommunistische Ideale der Weimarer Zeit, Judenverfolgung, Deportationen, der Kalte Krieg der Nachkriegszeit. Der Vater ist Wolfgang Heise, Philosophieprofessor in Ost-Berlin, der die Ausbürgerung von Wolf Biermann kritisierte und in Ungnade fiel. Am Ende gibt es dann den Tonbandmitschnitt eines Gesprächs des Vaters mit Heiner Müller, der für Thomas ein zweiter Vater war. Thomas fing früh an, die Außenseiter der DDR-Gesellschaft zu filmen, in seiner Jugend galt er als subversiv. In den Bildern des Films herrscht Stillstand - Wälder, Holzstapel, heruntergekommene Häuser, geborstene Straßen - leere mechanische Bewegung, Windräder und immer wieder Güterzüge. Es ist wichtig, hat er in einem Interview gesagt, das Fragile, vielleicht auch das Vorläufige der Bilder zu betonen. (good!movies)

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Löwenjagd in Montfermeil einer Banlieue von Paris: Les Misérables/Die Wütenden, von Ladj Ly. Wuchtige Mietblöcke, lebendiges Marktgeschehen, hier leben vor allem Schwarze, meist muslimisch. Drei junge Polizisten fahren durch die Straßen, schikanieren mit Ihren Kontrollen Mädchen an der Bushaltestelle, ein Löwenjunges wird geklaut, sie müssen es finden, damit es keine gewalttätigen Auseinandersetzungen gibt. Eine Überforderung mit katastrophalen Folgen. Ein Film über Väter und Söhne, am Ende rotten sich die Jungen zusammen, eine Armee im Dunklen, mit Kapuzen, Masken, Molotowcocktails. (Al!ve, Alamode)

Waffenschmuggel in San Domingo, Schieß, solange du kannst, 1965, von Claude Sautet. Frankreichs Postkolonialismus: Lino Ventura als französischer Kapitän, Sylva Koscina als amerikanische Witwe, sie will ihren Segler verkaufen, aber Leo Gordon, der große fiese Mann im amerikanischen Kino der Fünfziger, klaut ihn , er will Gewehre schmuggeln nach Mittelamerika. In der deutschen Fassung ist alles synchronisiert, im Original spricht er natürlich englisch, und man kann die Halbstarke Vitalität spüren, den Willen zur Dominanz, der die Amerikaner beseelt und treibt, bis zu Trump heute.Weil der Film kein Erfolg war, hat Sautet fünf Jahre später Die Dinge des Lebens gefilmt, französisches Bürgertum mit Romy Schneider und Michel Piccoli. (Pidax)

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Krieg der Generationen, das ist auch ein schönes altes Krimithema. Knives Out von Rian Johnson dekliniert es mit größtem Vergnügen. Christopher Plummer feiert seinen 85., in seinem pompösen Landsitz an der amerikanischen Ostküste, und es ist Zeit, findet er, seine Kinder zu enterben. Er ist ein erfolgreicher Krimischreiber, ein ehrenwerter Handwerker, hat angefangen auf einer rostigen Smith Corona. Weil dann am Geburtstag einiges schiefläuft, muss er sich selbst die Kehle durchschneiden. Zwei Polizeibeamte ermitteln - und ein Gentleman-Detektiv namens Benoit Blanc, den Daniel Craig mit einem enervierend lustvollen Hinterwäldlerakzent spielt. (Leonine)

Zwei Amerikaner in Paris: Eine neue Art von Liebe, von Melville Shavelson. Die junge Sam(antha) streift durch die nächtlichen Straßen von New York wie eine klassische Film-noir-Figur, sie inspiziert die Schaufenster und guckt sich die neuen Modekleider an, um sie für ihren Boss zu kopieren. Das will der dann im Traumland der Mode versuchen, also ab nach Paris. Im Flugzeug trifft Sam auf den Reporter Steve, der mit seinem Boss nach Paris verbannt wurde. Der Film stellt die Fashionshow direkt neben die Prostitution und verhakt das glamouröse Hollywood - gestaltet von Edith Head und George Hoyningen-Huene - mit der vitalen Schnoddrigkeit seiner Stars, des Paares Joanne Woodward/Paul Newman. Einmal sieht man ihn mal mit einem Federkiel in der Hand. Baudelaire schrieb seine beste Poesie im Boudoir, erklärt er seinem Chef, mit einem Federkiel, auf dem nackten Hintern einer Frau. (Filmjuwelen).

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