Süddeutsche Zeitung

Netzdepeschen:Neu, jung, selbstbewusst

Feministische Bewegungen breiten sich immer stärker in diversen Blogs aus - und liefern Popkultur, Mode und Promigeschichten. Nun erreicht die der Netzfeminismus als "dritte Welle" der feministischen Bewegung auch deutsche Onliner.

Niklas Hofmann

Vierzig Jahre ist es her, dass Gloria Steinem mit anderen das feministische Magazin Ms. gründete. Dem New York Magazine, als dessen Beilage die Zeitschrift anfangs erschien, war das Anlass, nach den Medien einer zeitgenössischen Frauenbewegung zu forschen. Und tatsächlich gelang es der Autorin Emily Nussbaum in der Ausgabe der vergangenen Woche einen im Netz neu geborenen, jungen und selbstbewussten Feminismus zu beschreiben.

"Die Blogosphäre hat den feministischen Diskurs transformiert und im Zuge dessen einen älteren Stil des Aktivismus unter jungen Frauen wiederbelebt", schreibt Nussbaum. Frei von redaktionellen Rücksichtnahmen lebe online weniger ein umständlicher theoretischer Diskurs wieder auf als der freche Geist der aktivistischen Frauengruppen der Sechziger. Popkultur, Mode, Promigeschichten dienen als "Einstiegsdroge" für Leserinnen - als Beispiel nennt Nussbaum die erfolgreiche Klatschseite Jezebel -, die dann über verschlungene Linkwege Blogs wie Feministe, The F Bomb, Angry Black Bitch und Feministing zugeführt werden. Amanda Marcotte, eine der bekanntesten Stimmen der feministischen Blogosphäre in den USA, freute sich über die Aufmerksamkeit in einem Mainstream-Medium wie dem New York Magazine: "Man sieht, dass der feministische Diskurs nun an allen möglichen Online-Orten normalisiert ist. Hoffentlich deutet dieser Artikel darauf hin, dass als nächstes die echte Welt dran ist."

Daran arbeitet man auch in Deutschland, wo neuerdings über einen "Netzfeminismus" als "dritte Welle" der feministischen Bewegung gesprochen wird. Auf der letzten republica wurde über ein Panel diskutiert, inzwischen gibt es die Seite netzfeminismus.org, die der Vernetzung einer losen Bewegung dienen soll, die rund um Blogs wie "Mädchenmannschaft" und Medien wie das Missy Magazine entstanden ist. Noch fehlt eine klare Definition des Begriffs.

Die taz-Redakteurin Julia Seeliger hat sich in ihrem Blog Zeitrafferin Gedanken darüber gemacht, wie sich feministische Positionen online popularisieren lassen - "queer, dezentral, bewusstseinsorientiert, persönlich". Sicher ist dabei für sie erst mal nur eines. Dass eine zeitgemäße Frauenbewegung Erfolg nur haben wird, wenn die Digital Natives sie prägen. Denn merke: "Netzfeminismus muss gut im Netz sein."

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Quelle:
SZ vom 07.11.2011/cag
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