Netz-Kampagne:Von #Aufschrei zu #ausnahmslos

Feministinnen mobilisieren mit einer offenen Erklärung zu den Ereignissen in Köln gegen sexuelle Gewalt - aber auch gegen Rassismus. 400 Frauen haben schon unterschrieben - aus Regierung, Politik, Musik.

Von Barbara Vorsamer

Wo bleibt eigentlich der neue Aufschrei - eine Kampagne gegen sexuelle Gewalt ähnlich jener, die unter dem Hashtag Aufschrei eine Debatte im Netz ausgelöst hatte? Nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln fanden viele Beobachter den modernen Feminismus auffallend ruhig. Bis jetzt. Knapp zwei Dutzend Aktivistinnen um Aufschrei-Initiatorin Anne Wizorek, Kübra Gümüşay und Emine Aslan haben einen offenen Brief geschrieben, in dem sie sich gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus wenden. Immer und überall. Der Hashtag zur neuen Kampagne lautet #ausnahmslos.

Mehr als 400 Mal ist der Aufruf unterzeichnet worden, unter anderem von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), den Politikerinnen Renate Künast (Grüne) und Katja Kipping (Linke), den Publizistinnen Anke Domscheit-Berg und Antje Schrupp und den Musikerinnen Inga Humpe und Sookee. Auch internationale Aktivistinnen wie Laurie Penny sind dabei.

Die Frauen fordern einen konsequenten Einsatz gegen sexualisierte Gewalt und wehren sich gegen die populistische Instrumentalisierung feministischer Anliegen. "Sexualisierte Gewalt darf nicht nur dann thematisiert werden, wenn die Täter die vermeintlich ,anderen' sind", heißt es. Sie dürfe nicht nur dann Aufmerksamkeit finden, wenn die Opfer weiße Frauen sind. Flankiert wird das Ganze durch Forderungen an Politik, Gesellschaft und Medien, vieles davon bekannt und erwartbar: Sexuelle Belästigung muss ein Straftatbestand werden, Beratungsstellen brauchen mehr Geld und die Debatte muss differenziert geführt werden.

Überraschend muten vielleicht die Forderung einer geschlechtersensiblen Pädagogik und das Eintreten gegen sexistische Werbung an. Spielen die Inhalte von Kinderbüchern oder Abbildungen auf Werbeplakaten wirklich eine Rolle für sexuelle Gewalt wie in Köln? Auch Initiatorin Kübra Gümüşay sagt über die Ereignisse in der Silvesternacht: "Das hatte eine neue Dimension, eine Dimension von organisierter Kriminalität."

Die Feministinnen wollen beweisen, dass man über Sexismus diskutieren kann, ohne rassistisch zu werden: "Natürlich haben arabische oder türkische oder sogenannte 'nordafrikanische' Communitys ein Sexismus-Problem", Gümüşay so: "Doch das haben sie nicht exklusiv."

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