Netz-Depeschen:Raub! Mich! Aus!

Eine Website sammelt Twitter-Einträge, in denen Menschen der ganzen Welt mitteilen, wann sie das Haus verlassen. Damit die Einbrecher nicht so lange vor der Türe warten müssen.

J. Boie

Jaja, die Privatsphäre geht im Netz verloren. Weiß jeder, ist ein alter Hut. Auch an dieser Stelle wurde die Problematik mehrfach erörtert. Warum also noch großartig drauf hinweisen. Wo ja andererseits auch niemand so genau weiß, wie man sich im Netz eigentlich verhalten soll. Wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen zu großer Selbstentblößung und Spionage der Web-Unternehmen einerseits, und sinnvoller Nutzung der schönen, neuen Welt andererseits?

Netz-Depeschen: Die Website pleaserobme.com versteht sich als Service für Diebe - das sollte nicht nur Panzerknacker und ähnliche Gesellen freuen, sondern allzu sorglosen Usern eine Lehre sein.

Die Website pleaserobme.com versteht sich als Service für Diebe - das sollte nicht nur Panzerknacker und ähnliche Gesellen freuen, sondern allzu sorglosen Usern eine Lehre sein.

(Foto: Foto: AP)

Ehrlich gesagt: Man weiß es nicht. Wie man sich im Netz dagegen nicht verhalten sollte, demonstrieren täglich Hunderttausende Nutzer. Sie beweisen, dass man nicht den raffinierten Speichermethoden von Webgiganten wie Facebook oder Google in die Falle gehen muss, dass man sich nicht auf digitalen Partybildern wiederfinden muss, um später blöd auszusehen.

Kriminelle Geister

Es reicht auch, den alltäglichen Abgleich zwischen realem und digitalem Leben etwas zu genau zu nehmen. Und zum Beispiel auf Twitter zu schreiben, wann man das Haus verlässt. Wie dämlich diese Banalität ist - und wie leicht sie von kriminellen Geistern ausgenutzt werden kann, führt auch belehrungsresistenten Menschen eindrucksvoll die Webseite pleaserobme.com vor.

Auf Deutsch bedeutet der Name: Bitte raub' mich aus. Die Webseite veröffentlicht alle jene kleinen Twitter-Nachrichten, in denen die Nutzer die Wörter "left home" verwendet haben - die also berichten, dass sie eben ihr Zuhause verlassen haben. Die drei Niederländer, die hinter der Webseite stecken, begreifen sie als ein "Service für Diebe". Und natürlich ist das ironisch gemeint, und die Seite eigentlich ein ernstgemeinter Hinweis, dass etwas mehr Kontrolle der eigenen Daten im Netz nicht schaden könnte.

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Mit den Twitter-Nutzern trifft es die richtigen. Auf der Webseite agiert längst nicht mehr eine digitale, kritische Avantgarde. Twitter ist ein Massenmedium, auf dem Millionen Menschen unreflektiert private Details veröffentlichen. Viele verwenden weitere Dienste, um ihren Freunden online mitzuteilen, wo sie sich gerade befinden, was sie gerade einkaufen, und wo sie wohnen. Weil die Daten öffentlich sind, ist anzunehmen, dass auch potentielle Diebe mitlesen können. Es ist der Verdienst von "pleaserobme", diese Gefahr drastisch darzustellen und so vor ihr zu warnen.

Und wie reagiert Twitter, die viel und oft gehypte junge Internetfirma? Sperrt den Twitterzugang der Programmierer von pleaserobme! Anstatt den Dienst als Service für die nicht allzu schlauen Nutzer zu begreifen, fühlt man sich angegriffen.

Dabei war es den Niederländern genug, ein paar Wochen lang deutlich die Gefahr zu illustrieren: pleaserobme.com wollen sie so bald wie möglich verkaufen oder verschenken - an eine gemeinnützige Institution, die sich um Datenschutz im Netz kümmert.

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