Netz-Depeschen:Die deutsche Angst vor Google

Eine neue Phobie zieht durchs Land. Außerhalb Europas wird die deutsche Angst vor dem Internet-Giganten Google allenfalls belächelt.

Niklas Hofmann

Google ist der American Dialect Society zufolge das "Wort des Jahrzehnts". Aber auch die kommenden zehn Jahre versprechen für den Such- und Werbegiganten, der das Krisenjahr 2009 mit einem Rekordgewinn abschloss, golden zu werden. Wenn nicht die hartnäckigsten Gegner des notorisch "nicht bösen" Konzerns aus Mountain View das Bild trüben würden. Neben der Kommunistischen Partei Chinas, mit denen die Kalifornier aneinander geraten sind, zeigen sich vor allem deutsche Medien angriffslustig.

Google

Nicht nur die kommunisitischen Chinesen geraten mit den Kaliforniern aneinander, vor allem deutsche Medien zeigen sich gegenüber Google angriffslustig.

(Foto: Foto: dpa)

Von Spiegel bis Zeit, von Brand Eins bis FAZ zieht eine neue Welle der Googlephobie durch die Blätter der Republik. Wie der Zufall es will, fällt sie zusammen mit der Kartellklage der deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger wegen des Nachrichtenaggregators Google News. Die Verleger sprechen von Hinweisen darauf, dass der Konzern Suchergebnisse anders als nach ihrer (vom hauseigenen Algorithmus ermittelten) Relevanz sortiere und etwa Kooperationspartner bevorzuge. Auch die Justizministerin warnt vor der "Gigantomanie" des entstehenden "Riesenmonopols" Google.

Außerhalb Europas wird die deutsche Google-Angst allenfalls belustigt zur Kenntnis genommen. Die Website Techdirt bespöttelte die klageführenden Medienunternehmen unter der bissigen Überschrift: "Deutsche Verleger greifen Google an; anscheinend sehr verwirrt darüber wie das Internet funktioniert". Tatsächlich krankt ein Großteil der Attacken auf Google daran, dass die womöglich marktbeherrschende Stellung in vielen Feldern durch echte Ideen- und Qualitätsvorsprünge erarbeitet wurde.

Dass man bei der Suche nach "Faust Goethe" in der Google Büchersuche in Sekundenschnelle mehrere Ausgaben des 19. Jahrhunderts im Volltext zur Verfügung hat, während das von der EU geförderte Gegenprojekt Europeana (bislang) nur Auszüge aus slowenischen Literaturlexika und Szenenfotos einer Inszenierung der Waldbühne Sigmaringendorf bietet, spricht nicht gerade für eine Quotenregelung zugunsten von Konkurrenzprodukten.

Angesichts der deutschen Monopoldiskussion erinnert der Marketing-Blogger Frank Reed an die einst dominierenden Suchmaschinen, deren Namen als Wort des Jahrzehnts nicht zufällig keine Chance mehr hatten: "Hat Google etwa gejammert, dass Lycos, AltaVista und Yahoo ,Monopole‘ waren, als Google noch in den Kinderschuhen steckte und als der Neuling mit dem ulkigen Namen galt?"

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