Aus dem Streit um das berühmte Picasso-Gemälde "Madame Soler" der bayerischen Staatsgemäldesammlungen ist eine Grundsatzdebatte geworden. Für Kunstminister Markus Blume (CSU) ist die Sache klar: ",Madame Soler' ist kein Raubkunstfall." Die Opposition sieht das anders. Am Donnerstag verkündete Blume nun eine Bundesratsinitiative des Freistaats. Der Bund müsse "endlich Rechtssicherheit schaffen" und ein Restitutionsgesetz für die Rückgabe "von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut" vorlegen.
Sobald NS-Raubkunst in den Beständen staatlicher Museen und Sammlungen identifiziert werde, werde diese auch restituiert. Bei "Madame Soler" stelle sich die Sachlage aber nach einer "äußerst sorgfältigen" Prüfung anders dar. 1934 oder 1935 wurde das Gemälde aus Picassos blauer Phase beim jüdischen Kunsthändler Justin Thannhauser als "angekauft" gelistet, bis dahin gehörte es dem Bankier Paul von Mendelssohn-Bartholdy. 1964 kaufte es der Freistaat Bayern dann von Thannhauser. Die Erben von Mendelssohn-Bartholdy vertreten die Auffassung, das Werk sei unter Druck des NS-Regimes verkauft oder in Obhut des Kunsthändlers gegeben worden. Die Provenienzforscher des Freistaats beurteilen das offenbar anders. Zuletzt hatte sich auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) eingeschaltet und die Staatsregierung aufgefordert, einer Anrufung der "Beratenden Kommission" zuzustimmen.
Blume hält die Ergebnisse der Provenienzforscher jedoch für eindeutig und lehnt eine Prüfung durch die Beratende Kommission daher ab. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sprach von einem "Armutszeugnis" und einem "zutiefst beschämenden" Vorgang. Blume verspiele seine Glaubwürdigkeit, wenn er einerseits auf die "kulturpolitische Aufgabe" bei der Restitution von NS-Raubkunst verweise, andererseits diese Aufgabe "vor der eigenen Haustür, hier und heute, nicht anpackt". Weil die Staatsgemäldesammlungen Bundesmittel erhielten, müssten sie einer Anhörung der Limbach-Kommission zustimmen, wie es die Erben von Mendelssohn-Bartholdy fordern.
Der SPD-Kulturpolitiker Volkmar Halbleib sagte, die CSU absolviere "ein klassisches Ablenkungsmanöver". Dass bislang ein Restitutionsgesetz fehle, stehe einem Verfahren vor der "Beratenden Kommission" schließlich nicht entgegen. "Das genaue Gegenteil ist der Fall", sagte der Landtagsabgeordnete: "Solange es kein solches Gesetz gibt, ist die Arbeit der Kommission gerade bei Zweifelsfällen so bedeutsam." Man hätte das Gremium deshalb einschalten sollen: "Nun wird den Erben ein faires und neutrales Verfahren vorenthalten." Andere bekannte Museen wie das Guggenheim Museum und das Museum of Modern Art in New York haben Werke aus dem einstmaligen Besitz von Mendelssohn-Bartholdy inzwischen restituiert.