Nachruf:Sänger Dan Hicks gestorben

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Er wurde bekannt mit seiner Band "His Hot Licks". Zu den bekanntesten Songs gehören "Canned Music" und "I Scare Myself".

Von KARL BRUCKMAIER

Ein schwarzer, bodenlanger Umhang, mit spitzer Kapuze. In der einen Hand eine Sense, die andere ist auf den Lenker einer Harley Davidson gestützt: So sieht der für Nordkalifornien zuständige Boandlkramer, der Tod, aus.

Und er schimpft und jammert wie sein oberbairisches Pendant: zu viel Arbeit, zu wenig jenseitige Freuden. Und darum zündet er sich einen Joint an. Denn in den letzten Tagen musste er Paul Kantner und Signe Anderson von Jefferson Airplane aufsitzen lassen, am Samstag schließlich war Dan Hicks sein Fahrgast, Leberkrebs, auch er noch nicht Mitte Siebzig. Dabei schien dieser Dan Hicks, der Sänger, Songwriter und Bandleader, das unverwüstliche Stehaufmännchen inmitten all der gefallenen West Coast-Engel zu sein.

Hicks Pop-Karriere begann als musikalische Attraktion in einer Touristen-Geisterstadt in der Wüste, wo allerdings wegen der coolen Jugband-Musik - wir schreiben das Jahr 1964 - bald mehr Hippies und Drop-Outs und Beatniks durch die staubigen Straßen torkelten als Tumbleweed-Ballen.

Nach diesem ersten Missverständnis folgte auch gleich das nächste: eine kurze Phase als Schlagzeuger der Charlatans, sie war San Franciscos erste Psychedeliker-Truppe. Doch Dan Hicks, der große Eklektiker, zog rechtzeitig die künstlerische Notbremse und delirierte sich seine eigene Musik herbei, Geigen à la Stephane Grapelli, ungeschulte Mädchenstimmen, zwei Gitarren, die eher nach Django Reinhardt klangen als nach Jimi Hendrix oder Alvin Lee, dazu Cowboy-Schnulzen, tieftraurige Liebeslieder, diese aber versteckt zwischen hanebüchenen Comedy-Songs. Damit war er in den Jahren bis 1973 durchaus erfolgreich: Dan Hicks & His Hot Licks stellten eine feinsinnige Alternative dar zum Existenzialismus-Overkill der Doors oder zur Ernsthaftigkeit von The Band.

Doch der Freigeist Hicks begann sich langweilen. Die Pausen zwischen den Platten wurden immer länger, und die Menschen, die sich mit brennendem Herzen für seine eigensinnigen Kunststücke begeistern konnten, wurden immer weniger. Selbst als eingefleischter Fan wurde es schwer, Hicks, den Acoustic Warrior, nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Weihnachtsplatte. Noch eine Weihnachtsplatte.

Und manchmal dieses Glücksgefühl, wenn man noch einmal zufällig "Old Cowhand from the Rio Grand'" hörte oder auf "I Scare Myself" stieß. Die New York Times schließt ihren Nachruf mit dem Hicks-Ausspruch, er werde bis zu seinem letzten Atemzug ein bescheidener Mensch bleiben. "Doch dann werde ich der Menschheit noch einmal deutlich sagen, was sie für ein Glück hatte, zusammen mit mir auf diesem Planeten weilen zu dürfen."

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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