Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Mahlers größter Biograf

Sein gesamtes Leben stellte Henry-Louis de La Grange in den Dienst von Leben und Werk Gustav Mahlers.

Von Wolfgang Schreiber

Seine Verehrung Gustav Mahlers ging bei Henry-Louis de La Grange so weit, dass er sein gesamtes Gelehrten- und Publizistenleben der Erforschung und monumentalen Darstellung von Mahlers Biografie und Werk widmete. Innerhalb dreier Jahrzehnte erschienen vier Bände mit insgesamt 3600 Seiten (nur teilweise auf deutsch).

La Grange, 1924 in Paris geboren, wurde nach dem Studium von Philosophie, Literaturwissenschaft und Musik - bei der großen Nadia Boulanger - zum unerschütterlichen Propheten Gustav Mahlers schon zu einer Zeit, als dessen Musik noch nicht durch alle Konzertsäle und Medien tönte. Seine Mahlerliebe war ausgebrochen, als er 1945 in New York die Neunte Symphonie unter dem Mahler-Schüler Bruno Walter erlebte. Finanziell unabhängig, ging La Grange ans Werk, nachdem er sich mit Mahlers Witwe Alma und Mahlers Tochter Anna angefreundet hatte. Jahrzehntelang sammelte er in aller Welt systematisch Mahler-Zeugnisse und Dokumente jedweder Art. In vielen Ländern hielt er Vorträge, organisierte Symposien und Ausstellungen zu Gustav Mahler, dem musikalischen Psychoanalytiker unseres Zeitalters.

Wer La Grange in seiner Pariser Wohnung besuchen durfte, lernte einen extravaganten Mann von kosmopolitischer Lebensart, reichster Bildung und Eloquenz kennen. Am 27. Januar, Mozarts Geburts- und Verdis Todestag, ist Henry-Louis de La Grange im Alter von 92 Jahren gestorben.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2017
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