Zum Tod von Peter Kern:Zentnerschweres Gesamtkunstwerk

Peter Kern

Schauspieler bei Fassbinder, auf dem Theater - und einer der letzten Dinosaurier des Autorenfilms: Peter Kern (1949- 2015), hier im Jahr 2000 mit Susanne Conrad in deren ZDF-Talkshow "Conrad & Co.".

(Foto: dpa)

Der Wiener Peter Kern war Schauspieler bei Fassbinder und Dietl. Er war Regisseur, Autor, Theaterschauspieler und einer der letzten Dinosaurier des Autorenfilms. Jetzt ist Kern im Alter von 66 Jahren gestorben.

Von Helmut Schödel

Er war einer der letzten Dinosaurier des Autorenfilms, ein zentnerschweres Gesamtkunstwerk, Regisseur, Autor, Schauspieler, im Film und in den großen Theatern.

Peter Kern, Jahrgang 1949, war im zweiten Wiener Gemeindebezirk mit Blick auf den Donaukanal in proletarischem Milieu aufgewachsen, der Vater Kommunist, die Mutter Hausfrau und immer liebevoll zu ihrem "Schurli ", der sich einer kaufmännischen Ausbildung unterzog, nebenbei Laientheater spielte und im "Nestroy"-Kino ums Eck seinen allerersten Film sah, "Die Nacht vor der Premiere" mit Marika Rökk, was ihn wohl vor dem Höhenschwindel der Hochkultur für immer bewahrte und ihn den Kitsch, ohne den das Leben schwer zu ertragen ist, nie vergessen ließ.

Peter Kern hat für Rainer Werner Fassbinder gespielt ("Faustrecht der Freiheit" und "Bolwieser"), für Hans W. Geißendörfer ("Sternsteinhof" und "Die Wildente"), für Helmut Dietl ("Kir Royal") oder Walter Bockmayer ("Flammende Herzen"), zusammen mit Ingrid Caven, Andrea Ferreol, Jean Seberg, Hanna Schygulla und Geraldine Chaplin.

Er arbeitete auch mit Christoph Schlingensief und drehte in den letzten Jahren einen Autorenfilm nach dem anderen, von "Donauleichen" bis "Mörderschwestern". Im Grunde wollte Peter Kern, allein im Kampf mit seinen Pfunden, ein Mensch sein, der Fassbinders Filmtitel zitiert: "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt".

Einmischung ohne Taktik

Dieser Wunsch bestimmte aber nicht unbedingt sein Verhalten. Er mischte sich ständig plärrend in gesellschaftliche Debatten ein, ohne Taktik, Eigentore inklusive, und scherte sich um seine Bundesfilmpreise wenig. Er wollte, als Kind der Wiener Unterschicht, nie zum "Klassenverräter" werden.

Und er ging, als es noch nicht schick war, auch mit seiner Homosexualität offensiv um und drehte Filme zum Thema, "Knutschen, Kuscheln, Jubilieren" zum Beispiel. In seinen letzten Jahren kehrte er nach Wien zurück und saß im Kaffeehaus.

Kern träumte, Kern klagte. Zwischendurch der Schmäh des Oberkellners. In einem seiner letzten Texte heißt es: "Was bleibt, ist ein kleines Gefühl, mich für einen Moment geliebt zu haben." Jetzt ist Peter Kern, nach Auskunft nächster Freunde, im Alter von 66 Jahren gestorben.

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