Nachruf:Friedmar Apel ist gestorben

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Der Germanist Friedmar Apel (7. September 1948 - 21. Oktober 2018). (Foto: Raimond Spekking / CC BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons), Bearbeitung durch SZ)

Er war ein leichtfüßiger Gelehrter, der über den Garten als romantische Utopie schrieb - und über sich selbst einen Schelmenroman.

Von Thomas Steinfeld

In den frühen Achtzigerjahren schrieb der Germanist Friedmar Apel einen Aufsatz mit dem Titel "Die Kunst als Garten". Darin geht es um eine zentrale Vorstellung der deutschen Romantik, dem wichtigsten Arbeitsgebiet Apels, in ihren vielfaltigen Brechungen. Denn der Garten ist ja nicht nur ein Idyll, sondern auch ein Ort der intensivierten Erfahrung von Zeit und Verfall, der Selbstspiegelung und Entfremdung, der Erinnerung und der versagten Wünsche. Der Aufsatz endet mit einigen Zeilen Paul Celans: "Das Wort vom Zur-Tiefe-Gehen, / das wir gelesen haben. / Die Jahre, die Worte seither. / Wir sind es noch immer." Ein Garten in diesem Sinne war für Friedmar Apel vieles, die Literatur und die Literaturwissenschaft, die Freunde (mit und ohne Motorrad), der Fußballplatz (bis in seine späten Jahre behielt er das Aussehen und drahtige Auftreten eines Mittelfeldspielers der Siebziger), vielleicht sogar das eigene Leben. "Das Glück will Fritze sich gewünscht haben, wie die grünen Beeren die Sonne wünschen", schrieb er in seinem kleinen, eher traurigen Schelmenroman "Das Buch Fritze" (2003), der, verborgen, aber deutlich erkennbar, autobiografische Züge trägt.

Friedmar Apel, 1948 in Osterode geboren, wurde im alten Westberlin zum Literaturwissenschaftler, als dort noch Peter Szondi an der FU lehrte und Norbert Miller an der TU, der wohl die wichtigste Lehrinstanz gewesen sein dürfte, wegen seiner Forschungsinteressen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, aber auch wegen der Vielfalt der Interessen. Über die "Zaubergärten der Phantasie" schrieb Apel seine Dissertation, über die Tücken des Übersetzens (noch ein romantisches Thema) verfasste er seine Habilitationsschrift. Dann führten ihn die Unabwägbarkeiten einer akademischen Laufbahn in die Provinz, erst nach Paderborn, dann nach Bielefeld, wo er die Nachfolge Karl Heinz Bohrers antrat. An beiden Orten schuf er sich schlegelsche Verhältnisse, also einen Kreis von Menschen, mit denen zusammen er Wissenschaft betreiben konnte.

Dabei war er, seiner lässigen, jungenhaften Art zum Trotz, ein immens fleißiger Gelehrter: Er publizierte Bücher über die "deutsche Landschaft" und über Engel, über die Bedeutung der Sichtbarkeit für die Literatur, über die Semiotik der Mode und über die Lebensgeschichte Hugo von Hofmannsthals, und er gab Erich Frieds Übersetzungen von Shakespeares Dramen heraus und Goethes "Ästhetische Schriften" im Deutschen Klassiker Verlag. Nicht ablassen wollte er dabei, wie er in vielen Varianten schreibt, von der "Frage nach dem richtigen Leben".

Vor allem aber war Friedmar Apel, der ruhelose Leser, auch ein Vermittler. Beinahe jedes Buch konnte man ihm zur Rezension schicken, wenn es denn literarische Qualitäten besaß. Seine Kritiken erschienen hauptsächlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Gelesen haben wir sie alle, mit Neugier und Bewunderung für den "wachen Blick ins Freie", den er den eigenen Lesern empfahl. Am vergangenen Sonntag ist Friedmar Apel in Bielefeld gestorben, im Alter von erst siebzig Jahren.

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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