Er habe immer nur lachen wollen, über das Leben, die Menschen, Gott und die Welt, hat Manfred Deix noch kurz vor seinem Tod gesagt, dabei fanden diejenigen, die der große Zeichner karikierte, sich selbst meist zum Weinen scheußlich. Nicht ohne Grund hatte der Niederösterreicher es in den Duden geschafft; dort steht unter "Deixfigur" geschrieben: "ins Lächerliche verzerrte Darstellung eines Menschen". Deix hatte deshalb regelmäßig Klagen von beleidigten Opfern seiner Kunst am Hals, von der Kirche und der FPÖ, er fand Kot in der Post, Drohungen auf der Mailbox. Er sei ein Blasphemiker, hieß es, ein Sexist, ein Lustmolch, ein Sadist, ein Österreich-Hasser und Misanthrop.
Das Gegenteil war wahr: Wer es vermochte, mit drei Dutzend Katzen zusammenzuleben und sein ganzes Leben lang ein und dieselbe Frau zu lieben, die er schon als Teenager kennengelernt hat, wer die Beach Boys so sehr verehrte, dass er extra in die USA flog, um seiner Lieblingsband zu huldigen, wer als "Obertschicker" (Kettenraucher) nach einer schweren Erkrankung so sehr am Leben hing, dass er das Rauchen und Saufen nach x Versuchen dann doch noch aufhörte, und wer vor allem täglich Menschen zeichnete, hässliche und fette, dumme und dreiste, alberne und seltsame, Tölpel und Gockel, der muss ein wahrhafter Philanthrop gewesen sein. Der ORF nennt ihn gar einen "Moralisten und Humanisten", der "gegen Rassismus, Sexismus, Bigotterie, Korruption und Spießbürgertum" angezeichnet habe.
Das Karikaturenmuseum in Krems wiederum, das Manfred Deix mitgegründet hat und das ihm eine Dauerausstellung widmet, bezeichnet den großen Künstler trauernd als "enfant terrible der heimischen Zeichnerszene", der die "Untiefen der österreichischen Seele " gnadenlos ausgelotet habe. Solche Sätze passen eigentlich gar nicht zu ihm; sie klingen, wie alles, was man einem hinterruft, der unsterblich wurde, gerade weil er anders war als die anderen, zu künstlich. Zu angepasst.
Deix war ein früher Könner, seine ersten Karikaturen veröffentlichte er mit 11. Er habe schon als Kind für die Mitschüler ein Daumenkino gezeichnet, erzählte Deix, in dem sich eine Frau auszieht. Die Unterhose habe er ihr auf dem letzten Bild aber angelassen; er habe noch nicht gewusst, wie es darunter aussieht. Später studierte Deix Graphik in Wien, wurde aber relegiert, weil er zu oft nicht erschien. Das hat der Karriere des Nachtarbeiters nicht geschadet: Er machte eine steile Karriere bei Stern und Spiegel, Playboy, Titanic - und einigen österreichischen Blättern natürlich auch. So unerträglich durchschnittlich seine glubschäugigen, spitznasigen, mit zuviel Zahnfleisch, dicken Hintern und Hängebusen ausgestatteten Alltagsfiguren waren, so klar erkennbar gerieten die Wichtigen, die Adabeis, die Möchtegern-Promis: Priester mit steifen Phalli, Manager mit Arschgesichtern, Politiker im Neonazi-Look. Sich selbst zeichnete er am liebsten mit Katzen. Deix passte sozusagen in keine Kiste, nun liegt er in einer. Der große österreichischen Cartoonist ist am Wochenende in der Nähe von Wien mit 67 Jahren verstorben.