Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf Ken Hensley:Der Klangmaler

Ken Hensley, Gründungsmitglied von "Uriah Heep" und Komponist unter anderem von "Lady in Black" ist gestorben.

Von Jakob Biazza

Ken Hensley fing als Gitarrist an. Das ist bei einem Organisten selten eine gute Nachricht, in seinem Fall war es ein großes Glück. Für die Musik. Und für Uriah Heep, die Band, zu deren Gründern er 1969 gehörte, und für die er zehn Jahre lang die wichtigen Songs schrieb. Die Gitarre ist schließlich so schnell die Waffe der Poser. Die Orgel ist etwas für Maler. Klangfarbe. Durchaus grell manchmal, das schon, aber zumindest im Pop und Rock doch etwas für Menschen, die künstlerisch verschmelzen können. Die Teil eines Ganzen werden wollen - und es, im besten Fall, zu etwas Größerem, etwas Vollständigerem machen.

Hensley, 1945 im britischen Plumstead geboren, war ein wunderbarer Musik-Maler. Kein sehr dezenter - eher Öl als Aquarell. Oft pastoser Farbauftrag. So viel Gitarrist war er dann doch. Man höre etwa "Easy Livin'", dieses zickige Shuffle-Stück, bei dem die Orgel so lässig zwischen Groove-Treiber und Tragfläche wechselt, die alles am Schweben hält. Oder "Gypsy", mit seinen giftig verzerrten Keys, die die ganzen Neo-Blues-Rocker von Wolfmother bis Jack White auch heute noch Takt für Takt und Frequenz für Frequenz stehlen.

Eines der schönsten "Aaaahs", der Musikgeschichte

Und dann höre man, natürlich, "Lady In Black", Hensleys Über-Hit aus dem Jahr 1971. Er singt ihn selbst - David Byron war er zu "banal". Verdammte Sänger. Also malte Hensley diesmal mit seiner Stimme. Der Refrain besteht nur aus einem laut: einem der schönsten "Aaaahs" der Musikgeschichte.

Am Mittwoch ist Hensley gestorben - nach kurzer Krankheit, wie sein Bruder auf Facebook schrieb. Er wurde 75 Jahre alt.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2020
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