Nachrichten aus dem Netz (37):Kampfansage an Google

Google schien der fast alleinige Toröffner zum Internet zu sein - und seine Algorithmen sind streng geheim. Mit Wikia Search geht nun jedoch eine Suchmaschine online, "die alles ändern wird".

Niklas Hofmann

Im zehnten Jahr besteht die Firma Google Inc., und das Gefühl kann entstehen, dass im Grunde nur noch Google die Türen des Internets öffnet; dass sich die Firma für bestimmte Türen nach Regeln entscheidet, die sie nur selbst kennt; und dass hinter diesen Türen dann immer häufiger wiederum Google sitzt.

Nachrichten aus dem Netz (37): Heimliche Zusammenarbeit von Google und Wikipedia?

Heimliche Zusammenarbeit von Google und Wikipedia?

(Foto: Foto: dpa)

Die Suchmaschine hat ein Quasi-Monopol. In Deutschland laufen etwa 90 Prozent aller Netz-Suchanfragen über Google, in den USA sind es etwa zwei Drittel.

Am heutigen Montag aber geht eine Suchmaschine online, "die alles ändern wird". So verspricht es jedenfalls die deutsche Startseite von Wikia Search. Vater des Projekts, das unter anderem vom Online-Buchhändler Amazon finanziert wird, ist Jimmy Wales, einer der Gründer der Netz-Enzyklopädie Wikipedia.

Aus deren Erfolg erklärt sich auch die große Aufmerksamkeit für den Neustart. Wales verbindet eine Kampfansage an Google mit dem Versprechen, die Internetsuche durch das Wiki-Prinzip zu revolutionieren. "Wikis" sind Internetseiten, deren Inhalte von den Nutzern verändert werden können.

Bei Wiki Search sollen sie die Suchergebnisse bewerten. Die Suchergebnisse sortieren werden Menschen und ein Algorithmus, der offengelegt - und nicht wie bei Google streng gehütet - werden soll.

Umgekehrt hat, seit bekannt wurde, dass Jimmy Wales an einer Suchmaschine arbeitet, Google zur Attacke auf Wikipedia geblasen. Die Google-Enzyklopädie Knol soll dem populären Nachschlagewerk Konkurrenz machen. Knol-Artikel können kommentiert, aber, anders als bei Wikipedia, nicht von jedem Nutzer verändert werden.

Gleichzeitg dehnt Google seinen Einflussbereich auf immer neue Geschäftsfelder fern der Netzsuche aus. So soll das kürzlich angekündigte Handybetriebssystem Android den Mobilfunkmarkt umkrempeln. Und kurz vor Weihnachten machte die amerikanische Wettbewerbsbehörde FTC den Weg frei für die Übernahme des Anzeigenvermarkters DoubleClick durch Google.

Die EU-Kommission will noch bis April prüfen, ob eine marktbeherrschende Stellung im Werbebereich droht. Auch Wikia Search, das anders als Wikipedia kommerziell und werbefinanziert ist, erhält seine Anzeigen über eine Google-Tochter.

Ist die Konkurrenz zwischen dem Wikipedia-Umfeld und Google also womöglich kleiner als es scheint? Wissenschaftler um den Grazer Informatikprofessor Hermann Maurer, die im Dezember in einer Studie für das österreichische Infrastrukturministerium die Zerschlagung von Google gefordert hatten, wollen jedenfalls "starke Anzeichen" für eine heimliche Zusammenarbeit von Google und Wikipedia entdeckt haben.

Wikipediaeinträge würden bei Google laut Statistik viel höher gelistet als bei konkurrierenden Suchmaschinen. Eine "Google-Wikipedia-Variante der Wirklichkeit" sei das Ergebnis.

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