Süddeutsche Zeitung

Nachrichten aus dem Netz:Erderwärmung made by men

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Auf seiner Internetseite zur Klimadebatte beschert Dennis Dutton den Leugnern des Klimawandels täglich neu eine Niederlage.

Alex Rühle

Friedrich Nietzsche spottete einmal, Philosophen seien Menschen, die einen Stein hinter einem Baum verstecken und ihn dann selbst suchen. Soll heißen: Sie wissen meist vorher, worauf sie hinauswollen, ihre vermeintlich argumentativ gefundenen Wahrheiten sind nichts als Vorurteile.

Insofern ist Dennis Dutton als strahlende und mutige Ausnahme hervorzuheben, ist es bei ihm doch umgekehrt: Einfach nur um der Wahrheitsfindung willen sammelt er seit eineinhalb Jahren eisern Argumente gegen seine eigenen Überzeugungen.

Der neuseeländische Philosophieprofessor glaubt nicht daran, dass der Mensch einen wesentlichen Anteil an der Erderwärmung hat, fühlt sich aber als Erbe Karl Poppers, der 70 Jahre vor ihm an der Universität von Canterbury gearbeitet hat, und dessen Lehre verpflichtet, dass die Qualität wissenschaftlicher Theorie immer auch davon abhängt, wie sehr sie sich selbst in Frage stellt und skeptisch hinterfragt.

So gründete er Anfang 2008 die Seite Climatedebatedaily, auf der er täglich in der "Pro"-Spalte auf Texte verlinkt, die den menschenbedingten Klimawandel belegen und auf der Contraspalte Texte, die dagegen argumentieren - und hat so, ohne das zu wollen, eine der wichtigsten Seiten für alle umweltinteressierten Internauten geschaffen.

Momentan steht ganz oben ein Text des Meteorologen Jeff Masters, der beschreibt, wie ungemütlich die Erde während des sogenannten Paläozän/Eozän-Temperatur-Maximums vor 55 Millionen Jahren aussah.

Immer wieder verlinkt wird auf George Monbiots Blog von der Website des Guardian, tatsächlich: besser, bissiger, kompetenter kann man kaum schreiben über den Klimawandel und seine Gegner.

Ein weiterer Dauergast auf Duttons Seite ist der Londoner Journalist Fred Pearce, der kürzlich in Nature beschrieb, was für katastrophale Folgen es haben wird, wenn tatsächlich das Methan in den subpolaren Permafrostböden großflächig auftaut, ein Text, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Pearce verschraubt die wichtigsten Ergebnisse, Studien und Thesen der vergangenen Jahre zu einem solch erschreckenden Szenario sich gegenseitig verstärkender Mechanismen, dass man daraus in den Alltag zurückkehrt wie ein Kinozuschauer, der aus dem dunklen Vorführungssaal ins grelle Alltagslicht stolpert und erstmal hilflos auf dem Bürgersteig rumsteht und den Autos hinterherschaut.

Nun müsste man um der journalistischen Neutralität willen auch auf Contra-Texte verweisen. Während aber auf der Proseite Tag um Tag hervorragend recherchierte, akribisch durchgearbeitete, scharfsinnig argumentierende Texte aus angesehenen Magazinen und Forschungseinrichtungen stehen, haben die meisten seiner Gegner nichts zu bieten als spintisierende Gerüchte und mehr oder weniger leicht zu durchschauende Fehlinterpretationen wissenschaftlicher Daten.

Momentan ganz oben steht ein Text aus der Herald Sun, der als Beleg gegen den Klimawandel anführt, dass es im April doch geschneit habe. Dutton aber muss man danken, dass er eisern festhält an seinem Konzept und so den Leugnern des Klimawandels täglich neu eine Niederlage beschert.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2009/cag/tob
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