Nachrichten aus dem Netz (65):Porträt eines Porträts
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Der Drehbuchautor Charlie Kaufman ist bekannt für seine Verschachtelungen. Das färbt auf die Berichterstattung über ihn ab - wie ein Blog des US-Magazins Wired zeigt.
Niklas Hofmann
Das kunstvolle Verschachteln von Realitäten und Aufeinanderstapeln von Metaebenen, das der Drehbuchautor Charlie Kaufman in Filmen wie "Being John Malkovich" und "Eternal Sunshine of the Spotless Mind" zur Vollendung gebracht hat, wirkt offenbar inspirierend auf Menschen, die sich journalistisch mit Kaufman beschäftigen.
Die Redaktion des US-Magazins Wired zog jedenfalls eine Kaufmansche zweite Ebene in ihre Berichterstattung ein, als der legendär interviewscheue Autor sich vor der US-Premiere seines Regiedebüts "Synecdoche, New York" zur Mitwirkung an einem Artikel über sich bereit erklärte.
"Storyboard - Porträt eines Charlie-Kaufman-Porträts", nennt sich ein Blog-Experiment, das auf der Wired-Website die Entstehung des Artikels bis zum Erscheinen in der Novemberausgabe nahezu in Echtzeit dokumentieren soll.
Textentwürfe, interne Mails, Notizen auf Korrekturfahnen, die Tonaufnahme des Interviews mit Kaufman - alles wird von Autor Jason Tanz und den beteiligten Redakteure und Layoutern online gestellt. Die Selbstreferentialität wird auf die Spitze getrieben, wenn ein Video der Redaktionskonferenz auch die Entstehung des Blogprojekts selbst dokumentiert.
In einem parallelen Blog auf der Seite der "Society of Publication Designers", schildert Wired-Layouter Scott Dudich noch, wie er mit Überschriften, Fotos, Textzeilen jongliert, und als Referenz zu Kaufmans schrägen Filmwelten seitlich gekippte Textblöcke einfügen will.
Während Jason Tanz sich bemüht, manche Blogger auf den Teppich zu holen, die in dem - so Wired - "einmaligen Experiment" die Zukunft eines endlich wahrhaft transparenten Journalismus erblickt haben wollen, drehen Spaßvögel die Schraube weiter.
Das IT-Branchenklatsch-Weblog Valleywag übernimmt schon mal unaufgefordert das Redigieren von Jason Tanz' Manuskript. Und eine Leserin der Schwesterseite Gawker schafft volle Transparenz, indem sie schildert, wie ihr Kommentar zum Gawker-Eintrag über das Wired-Porträt eines Kaufman-Porträts entsteht: "Sie benutzt nach dem Tippen den Button ,Kommentarvorschau'. Sie veröffentlicht ihren Kommentar".