Nachrichten aus dem Netz (43):Exklusive intellektuelle Stimulation

Die TED-Konferenz ist eine der exklusivsten Tagungen der Welt. Hier wird zum Beispiel die Zukunft definiert - oder das Weltall neu erobert.

Niklas Hofmann

Die alljährliche TED-Konferenz - das Kürzel steht für die Begriffe Technologie, Entertainment und Design - im kalifornischen Monterey ist eine der exklusivsten Tagungen der Welt. Die Teilnahmegebühr ist exorbitant, die Liste der Redner tatsächlich außergewöhnlich.

World Wide Telescope

Vielleicht bald ein YouTube-Hit: Das World Wide Telescope, ein Projekt des Computerkonzerns Microsoft und dem Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

In der vergangenen Woche gaben sich zum Thema "Die großen Fragen" wieder Prominente aus Wissenschaft, Religion und Kultur auf dem Podium die Fernbedienung des Videoprojektors in die Hand: vom ehemaligen US-Vizepräsidenten, Oscar-Preisträger und Umweltaktivisten Al Gore über den hinduistischen Guru Sri Sri Ravi Shankar bis zum Genforscher Craig Venter.

Von der intellektuellen Stimulation, die von den Veranstaltungen ausgehe, schwärmen alle, die einmal dabeisein durften. TED-Organisator Chris Anderson hat zwar geschickt die Teilnehmerschaft elitär gehalten, TED aber zugleich wie keine andere vergleichbare Veranstaltung zum Themenlieferanten für die Blogosphäre gemacht.

Auch in diesem Jahr wird jede Woche das Video eines Rednerbeitrags auf dem konferenzeigenen Kanal beim kostenlosen Internet-Videoportal YouTube veröffentlicht.

Geschäftsidee und Prototyp in 72 Stunden

Gute Chancen ein YouTube-Hit zu werden, hat die Präsentation des World Wide Telescope (WWT), eines gemeinsamen Projekts des Computerkonzerns Microsoft und dem Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik, das ab dem Frühjahr für das Weltall das leisten soll, was Google Earth für den Erdball geschafft hat. WWT kombiniert Fotos der größten Teleskope der Erde und des Alls und ermöglicht stufenloses Zoomen durch den Kosmos.

Der Harvard-Astrophysiker Roy Gould sprach in Monterey davon, dass das virtuelle Teleskop unseren Blick auf das Weltall so stark verändern werde, wie einst Galileos Beobachtungen. Die ersten Bilder sprechen auf jeden Fall dafür, dass es der Astronomie zu neuer Popularität verhelfen könnte.

Auf das besondere Interesse der Netzwelt dürfte auch der Vortrag Walter Isaacsons stoßen. Der Publizist und Präsident des Aspen Institute, sprach über die Zukunft des Erzählens in den Zeiten von Wikipedia. Bisher werde nur der alte Wein in neue Schläuche gegossen, wenn Videos auf Youtube veröffentlicht und Autoren in Blogs schreiben würden.

Die Zukunft liege im Rückgriff auf die literarischen Traditionen, die vor der Schriftlichkeit und also vor den Ideen von Urheberrecht und Autorenschaft bestanden. Isaacsons nächstes Buch soll so im Netz erscheinen, dass jeder Leser daran weiterarbeiten, es verbessern oder sogar zerstören kann. Wie das als Geschäftsmodell funktionieren könnte, dazu wusste Isaacson allerdings noch nichts zu sagen.

Ein ganz ähnliches Problem hat das TED-Projekt der Firma Kluster. In 72 Stunden wurde in einer Kooperation der TED-Besucher und 2700 über das Internet teilnehmender Menschen ein Produkt entwickelt - und zwar von der ersten Idee bis zum fertigen Prototypen. Festlegungen gab es vorher kaum. Man entschied sich schließlich für ein pädagogisches Brettspiel, das auf einer TED-Rede des amerikanischen Philosophen Daniel Dennett beruht. Dass es möglich ist in diesem Tempo derart viele Informationen in ein Produkt zu verwandeln, wäre damit belegt. Ob das auch wirklich nötig ist, nicht.

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