Nachrichten aus dem Netz (39):Anspruch für Anfänger

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Ein lügender Donald Rumsfeld und kompetente Intellektuelle: Eine neue Internetseite kontrolliert die Wahrhaftigkeit von Politikern und ein YouTube für Ideen soll denkende Köpfe zusammenbringen.

Jörg Häntzschel

Amerika ist nicht nur kriegsmüde, es will vom Krieg gar nichts mehr wissen. Im Wahlkampf spielt das Thema kaum noch eine Rolle. Doch der Tag wird kommen, da die Propaganda, mit der die Regierung Bush den Irakkrieg lostrat, Wort für Wort aufgerollt wird. Spätestens dann wird sich die Website des Center for Public Integrity als nützlich erweisen.

Bizarre Fehlgriffe: Donald Rumsfeld log sich was zurecht, um den Irak-Krieg zu legitimieren. (Foto: Foto: Reuters)

Die neue Datenbank listet die Fälle auf, in denen Politiker und Offizielle nach dem 11. September mit Fehlinformationen für den Krieg trommelten: Reden, Interviews, Pressekonferenzen, Auszüge aus Büchern. Man kann nach Stichworten, Personen, Daten suchen oder die ganze Datenbank chronologisch lesen wie einen Politthriller. Höhepunkte sind natürlich Donald Rumsfelds bizarre Einlassungen: Wenn er etwa für einen Angriff auf den Irak wirbt, weil es dort "bessere Ziele" gebe als in Afghanistan.

So, wie es in der Schweiz bessere Skipisten gibt als in Holland. Rumsfelds Dreistigkeit hat nichts von ihrer Faszination verloren und, das belegt die noch immer recht hohe Zahl der Amerikaner, die weiter an eine Verbindung von al-Qaida und dem Irak glauben, nur wenig von ihrer Wirksamkeit.

Ideen in Kurz-Clips

Hunde auf Skateboards, Katzen, die in Swimmingpools fallen, bedröhnte Promis - das Internet muss doch noch zu mehr gut sein als diesem Clip-Müll. Fand Peter Hopkins, als er seinen Harvard-Abschluss gemacht hatte. Er träumte von einem YouTube für "Ideas", einem Forum für fast alle Themen, vorausgesetzt, die Auseinandersetzung mit ihnen ist ernsthaft und leidenschaftlich.

Mit einer fünfstelligen Beteiligung von - ausgerechnet - dem ehemaligen Harvard-Präsidenten Lawrence Summers (der unter anderem wegen umstrittener Bemerkungen zu den intellektuellen Fähigkeiten von Frauen seinen Posten verlor), machte er die Sache wahr. Seit zwei Wochen ist Big Think nun online. Zum Start haben die Macher fast 200 kurze Interviews mit Autoren, Politikern, Designern oder Wissenschaftlern geführt, um die Diskussion in Gang zu bringen.

So recht überzeugt das Konzept noch nicht: Ideen lassen sich eben schlecht in Kurzclips darlegen. Und wenn schon Video statt Text, warum dann nicht die Personen in ihren Ateliers oder Arbeitszimmern zeigen statt vor weißem Hintergrund? Vielleicht haben etablierte Intelligenz-Websites wie artsandlettersdaily.com, die auf das geschriebene Wort setzen, doch mehr Zukunft. Doch man sollte vorsichtig sein mit Prognosen. Als YouTube startete, dachte schließlich auch jeder: Wer will schon Videos von Hunden auf Skateboards sehen?

© SZ vom 28.1.2008/kur - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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