Musiktheater:Zum Totlachen

Der Regisseur Peter Konwitschny gibt sein Debüt am Gärtnerplatztheater und zeigt die Operette "Der tapfere Soldat"

Von Rita Argauer

Das Komische und das Tragische liegen nah beieinander. Nicht erst seit dem Pierrot in der Commedia dell' Arte, der symbolisch ein tränendes Auge zum heiteren Clowns-Dasein bekommen hat. Das Tragische und das Komische bedingen sich sogar, können nicht ohne einander und entwickeln große Kraft aus dem Miteinander. Etwa im Theater. Vor allem in der Operette. So sieht das der Regisseur Peter Konwitschny, der nun sein Debüt am Gärtnerplatztheater mit der Operette "Der tapfere Soldat" gibt.

Das überrascht. Konwitschny ist einer, für den das Wort Ikone in seinem Metier, der Opern-Regie, nicht zu hoch greift. Er inszeniert im ganzen Land. Meist stechend klug, intellektuell, aber nicht um der Distinguiertheit willen. Jetzt widmet er sich der Operette, dem leichten Fach, dem Unterhaltungsfach. Für Konwitschny ist das zwar nicht neu, er machte bereits "Die Csárdásfürstin" in Dresden und "Das Land des Lächelns" in Berlin. Doch ungewohnt wirkt das noch immer.

Der tapfere Soldat

Oberst Kasimir Popoff (Hans Grönig) wird zu Hause ein wenig anders empfangen als erwartet.

(Foto: Christian Pogo Zach)

"Die Operette bietet mehr theatralische Möglichkeiten", sagt er und führt den Gedanken mit einem Bild aus: "Salto Mortale". Die Dramaturgie der Operette kippe ständig hin und her. Sie dreht sich auf den Kopf, erschafft Vexierbilder, die die szenische Sprache reicher machen.

So auch im "Tapferen Soldaten". Wie "My Fair Lady" basiert das Stück auf Motiven eines Dramas von Bernard Shaw, dem satirischen Schauspiel "Helden", das 1894 uraufgeführt wurde. Eine Posse, in der sich Shaw bitter über Glorifizierung von Heldenpathos lustig macht. Der Operettenkomponist Oscar Straus nahm sich des Stoffes an, Shaw gab seine Geschichte aber nur unter der Bedingung frei, dass weder Rollennamen noch Textzeilen des Originals übernommen werden. Eine freie Adaption entstand, die 1908 in Wien uraufgeführt wurde und in der damals militärfanatisierten Zeit eher wenig Zuspruch fand. Als Broadway-Musical feierte der Stoff später im 20. Jahrhundert Erfolge, zu den Schlagern des Genres gehört er trotzdem nicht. In München wurde er bisher zwei Mal inszeniert: 1909 und 1961.

"Dass ein General hier auch mal vorgeführt wird, ist ungewöhnlich", sagt Konwitschny, der in dieser Umkehrung von Respekt einen seiner besagten Todessalti sieht. Für Konwitschny steht das aber auch alles im historischen Kontext. Nicht von ungefähr habe sich die Operette von der Revolution 1848 an entwickelt und fiele damit in die geschichtliche Phase, die zum Faschismus führt, erläutert er. Das gebe der Operette etwas Traumhaftes und Illusionsreiches: "In der Operette kann man aus der Realität fliehen." In der Oper sei das zwar ähnlich, die Operette aber erleichtere diese Irrealität auch durch die Gestaltung der Musik. Der Hit im "Tapferen Soldaten" heißt "Komm, komm, Held meiner Träume", da habe man das schon mit der Flucht aus der Welt, sagt Konwitschny. Und generell laufe die Musik recht geradlinig auf ihre musikalische Pointe zu, dann sei Schluss. Die Nummern sind kurz und einfach, erfüllen ihren Zweck und nehmen den Zuhörer mit in die andere Welt.

Peter Konwitschny

Peter Konwitschny mag die Kippmomente.

(Foto: Bernd Weissbrod/dpa)

Doch der Stoff ist bitter. Insbesondere im Original. "Zum Totlachen", sagt Konwitschny mit Betonung auf dem Tod im Lachen und ein bisschen Freude über ein erneutes Vexierbild, die in diesem Gespräch über die Operetten häufig auftauchen. Um den bitteren Aspekt zu verschärfen, hat Konwitschny auch doch wieder einige Sätze von Shaw mit in seine Version hinein genommen. "Das wurde damals kurz vor dem ersten Weltkrieg aufgeführt, da wirkten manche Wortspiele von alleine ziemlich bös' und bedrohlich. Um das heute zu erhalten, habe er sprachlich manches an die Gegenwart angepasst. So eine "Neubelebung des Textes" sei für ihn aber nicht gegen sondern für das Stück. Denn sonst würde die Neuinszenierung museal. Und das gerade liegt Konwitschny eben überhaupt nicht.

"Es wäre schade, wenn die Leute hier nur absolute Unterhaltung wollen", sagt er, doch das Gärtnerplatztheater erscheint Konwitschny für sein Operettenvorhaben, in dem er den "Mief" weglassen möchte, sehr geeignet. Auch wenn ihm klar ist, dass sich daran immer auch Leute stoßen werden. "Das ist der Preis, dafür werden neue Leute gewonnen, und man sorgt dafür, dass nichts veraltet."

Der tapfere Soldat, Premiere am Donnerstag, 14. Juni, 19.30 Uhr, Gärtnerplatztheater

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