Süddeutsche Zeitung

Musikkabarett:Wasser löst Knoten im Kopf

Lesezeit: 3 min

Silvana und Thomas Prosperi alias Faltsch Wagoni über ihr neues Programm "Der Damenwal", das sich ganz um ihr zweitliebstes Thema nach der Liebe dreht: ums feuchte Element

Interview von Oliver Hochkeppel

Schräg ist schon allein wieder das Plakat ihres neuen Programms "Der Damenwal": Da paddeln einem Silvana und Thomas Prosperi mit Meerjungfrau-Flossen entgegen, die Gesichtszüge verzerrt - das Foto wurde nämlich kopfüber geschossen. Seit mehr als 30 Jahren sind die beiden unter dem Namen "Faltsch Wagoni" für immer leicht verdrehtes, unverwechselbares Musikkabaretts zuständig. Im "Damenwal" dreht sich alles, passend zum Sommer, um das flüssige Element.

SZ: Ihr neues Programm ist quasi ins Wasser gefallen. Hat das mit dem Wohnort zu tun? Sie leben ja seit einiger Zeit am Ammersee, neuerdings sogar mit eigenem Ruderboot.

Thomas Prosperi: Nein, wir arbeiten schon länger daran. Andersherum: Dass wir am See wohnen, hat damit zu tun, dass wir das Wasser lieben. Es ist für uns immer ein Thema.

Stimmt, Sie hatten schon viele Songs wie "Die unerträgliche Feuchtigkeit des Mains".

Thomas Prosperi: Der kommt auch wieder vor. Wir haben gnadenlos auch ältere Sachen hergenommen, sie wieder aufbereitet und aus allem ein schönes neues Programm gebastelt. Eine Huldigung ans Wasser, an seine schönen, auch seine dadaistischen Seiten. . .

Silvana Prosperi (singt): . . .HaHaZweiOh, HaHaZweioh. . .

Thomas Prosperi: . . .Wasser ist ja unfassbar, das kriegt man nicht in den Griff, das lässt sich nicht festnageln.

Silvana Prosperi: Wir haben festgestellt, dass es nach unseren Paar-Geschichten unser häufigstes Motiv ist. Gedichte und Lieder mit Wasser hatten wir immer schon. Das hat, glaube ich, mit der Emotion zu tun. Damit, dass Wasser einfach emotional etwas auslöst, nicht nur bei uns, sondern bei allen.

Wollen deshalb alle im Urlaub ans Meer?

Thomas Prosperi: Es gibt auch andere, die lieber in die Wüste gehen, aber das ist eine Minderheit, glaube ich.

Silvana Prosperi: Lebe mal in der Wüste. Was ist dann Wasser für dich? Ein Gott! Und wir regen uns hier auf, wenn's regnet.

Beim Titel "Der Damenwal" könnte man trotzdem wieder an eine Ihrer rahmenden Beziehungsgeschichten denken.

Silvana Prosperi: Nein, die hat es diesmal nicht. Aber natürlich sind wir immer diese beiden auf der Bühne: die Frau und der Mann, zwischen denen etwas abgeht. Aber das Thema ist jetzt etwas anderes. Es wird auch kaum gestritten, diesmal geht es harmonischer zu.

Es fließt gewissermaßen. . .

Thomas Prosperi: Ja, und hoffentlich auch ins Publikum hinein. Das soll sich angenehm bewässert fühlen von poetischen, dadaistischen Elementen über ernsthafte Bezüge vom Wassermangel oder Hochwasser bis zur Firma Nestlé oder dem einmal ganz anders betrachteten Mittelmeer.

Also vermutlich wieder in Ihrer typischen Mischung aus Sprachspiel und Liedern?

Silvana Prosperi: Und Gedichten. Unsere Selbstbezeichnung "Rhythmuspoeten" passt diesmal besonders gut, weil sehr viele Gedichte vorkommen. Es steckt mehr Gefühl drin als bisher. Natürlich ist es zwischendurch schön albern, aber es geht auch ans Herz, das haben wir diesmal bewusst zugelassen.

Wird man mit dem Alter nicht sowieso sentimentaler, baut näher am Wasser?

Thomas Prosperi: Gerade bei Männern, ja.

Silvana Prosperi: Die Härte schleift sich ab. Du kommst auch näher an die existenziellen Sachen heran, hast schon mal Krankheit, Verlust und echte Krisen erlebt. Klar, wir wollen die Leute unterhalten. Aber wir waren nie solche, über die man nur lachen kann.

Thomas Prosperi: Wir hatten schon immer eine melancholische Seite, das steckt auch in den Songs drin. Und wenn man älter wird, wird einem die Vergänglichkeit des Leben deutlicher. Man sieht das Leben anders in dieser Endphase, auf die man da zusteuert. . .

Silvana Prosperi: . .oh Gott, jetzt wird's aber . .

Thomas Prosperi: . . .ganz langsam zusteuert, wir sind ja noch jung!

Silvana Prosperi: Aber man sieht eben auch sein bisheriges Schaffen. Wir haben zum Beispiel ein ganz altes Lied aus den Achtzigern wiederbelebt, den "Walfisch-Tango", nun überarbeitet, neu arrangiert und auch neu betextet. Das ist lustig, denn "Walfisch-Tango" ist ja das einzige Anagramm, das wir bisher zu "Faltsch Wagoni" gefunden haben.

Wird es mit den Jahren schwerer, sich etwas Neues auszudenken?

Silvana Prosperi: Wir haben hier jetzt bessere Bedingungen als früher. Wenn uns nichts einfällt, dann müssen wir nur vorlaufen ans Wasser. Das ist wirklich verrückt, oft verknoten sich die Gedanken, dann löst das der See.

Thomas Prosperi: Außerdem haben wir erst langsam und spät zu unserem eigenen Stil gefunden. Wir haben ja früher sehr viel experimentiert und ausprobiert, jetzt setzen wir auf Reduktion, auf das Wesentliche, das uns ausmacht. Wir haben eine sehr adäquate Art gefunden, Musik zu machen und unsere Texte unters Volk zu bringen. Da müssen wir uns nicht mehr verkünsteln, wir brauchen auch keine großen Bühnenbilder und aufwendige Inszenierungen mehr. Das ist es jetzt, wir machen Kleinkunst, die hoffentlich groß wirkt.

Faltsch Wagoni: "Der Damenwal" , Dienstag bis Samstag, 21. bis 25. Juli, 20 Uhr, Lach- und Schießgesellschaft, Ursulastraße 9, ☎ 39 19 97

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Quelle:
SZ vom 20.07.2015
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