Musiker-Sohn öffnet Familienarchiv:Star, Wrack, Vater - Johnny Cash

Er war Genie und Trinker. Er kannte Ruhm, aber auch die Drogenhölle, verschwand in der Wüste und liebte "heißer als eine Chilischote". Ein neuer Bildband zeigt den großen Country-Musiker Johnny Cash aus der Sicht seines Sohnes John Carter Cash.

Von Meike Mai

6 Bilder

Johnny Cash, June Carter

Quelle: John C. Cash/Knesebeck Verlag

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So haben wir den "Man in Black" noch nie gesehen! Ein neuer Bildband zeigt Ruhm und Erfolg, aber auch Alkohol- und Drogenhölle des großen Country-Musikers aus der Sicht seines Sohnes John Carter Cash. Die Bilder.

Er war eine Legende. Der "Man in Black", der "King of Country", ein Genie. Und ein Wrack. Ein Star. Und ein Vater. Der Vater von John Carter Cash, dem einzigen gemeinsamen Sohn von Johnny Cash und June Carter. Eben jener Sohn begleitete seinen Vater seit seiner Geburt auf Konzerte. Er produzierte später mehrere Alben seiner Eltern. Und er bringt nun eine Biographie mit exklusiven Fotos und teils ausklappbaren Erinnerungsschnipseln heraus. Mein Vater Johnny Cash heißt der private Fotoband mit 160 Seiten und 200 Abbildungen. Und die sind ein wahrer Schatz. Ein privates Bastel- und Poesiealbum der Familie Cash. Denn in diesen Schnappschüssen und Zeichnungen, Gedichten, Songtexten und Briefen erkennt man den Menschen hinter dem Star. Wie in dem Bild aus dem Jahr 1967, das Johnny und June in ihrem Haus am See zeigt. Ganz relaxt, lächelnd.

Text und Bildauswahl: Meike Mai

Johnny Cash mit seiner Frau June Carter in ihrem Haus am See

Johnny Cash

Quelle: John C. Cash/Knesebeck Verlag

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Dabei war Johnny Cash ein Haudegen, der seinen Fans lange das Image eines Gesetzlosen verkaufte. Dieses Bühnenfoto zeigt den Erfinder des "Boom-Chicka-Boom"-Sounds in einer seiner berühmteren Posen. Immer pflegte Cash sein Outlaw-Bild in der Öffentlichkeit. Verantwortlich dafür waren vor allem seine Auftritte in den Gefängnissen Folsom und San Quentin Ende der sechziger Jahre. "Er stellte Autoritäten gern in Frage," bestätigt sein Sohn. "Doch er war ein sanftmütiger, liebevoller, beharrlicher Mensch."

Johnny Cash

Quelle: John C. Cash/Knesebeck Verlag

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Privat konnte er tatsächlich auch anders: 1956 lernte der bereits verheiratete Cash hinter der Bühne einer Country Radio Show June Carter kennen. Die Liebe seines Lebens. Die Beziehung war von Anfang an turbulent. "Ihre Beziehung war immer eine Achterbahnfahrt. Auf der Bühne wie im Leben", verrät Sohn John. "Bis Mitte der 1960er Jahre war Dad vollständig drogenabhängig. Sein Lieblingsmittel war Speed, obwohl er vielleicht auch Barbiturate nahm. Er verschwand immer wieder, mitunter wochenlang und fuhr mit seinem Wohnmobil in die Wüste hinaus." Aber neben dem Schmerz gab es auch immer wieder viel Herz. In diesem "feurigen" Liebesbrief schildert Johnny Cash die Liebe zu seiner June "heißer als eine Chilischote" .

Love John: Einer von vielen Liebesbriefen an seine Frau June

Johnny Cash

Quelle: John C.Cash/Knesebeck Verlag

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Für seine Kinder (darunter die vier Töchter aus seiner ersten Ehe mit Vivian Liberto) war Cash "ein fester Halt". Als Sohn John zwei Jahre nach der Hochzeit mit June Carter geboren wurde, schienen die finsteren, drogenbefeuerten Zeiten der Vergangenheit anzugehören. "In dieses Leben wurde ich hineingeboren, ins Rampenmlicht und das Prickeln des Starkults." "Dad war mein bester Freund: Von ihm lernte ich früh, wie man Eichhörnchen jagt und Fische fängt. Außerdem verdanke ich ihm meine Menschenkenntnis," erinnert sich John Cash. Der Junge durfte als Kind fast immer mit auf Tournee, stand mit auf der Bühne oder war beim Autogrammschreiben mit dabei.

Johnny Cash mit Sohn John beim Autogrammschreiben

John Carter Cash

Quelle: John C. Cash/Knesebeck Verlag

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Johnny Cashs eigene Kindheit war hart. "Oft heißt es, mein Großvater sei ein Kleinpächter gewesen. Aber das Land gehörte den Farmern," erläutert John Cash. Sein bester Freund und Idol in frühen Jahren war Johnnys älterer Bruder Jack. Der ältere Bruder starb mit 15 Jahren bei einem Unfall mit einer Kreissäge. "Als Jack starb, besuchte ein Engel meinen Vater," ist in der sehr persönlich und nahbar erzählten Bildbiographie zu lesen: "Ich werde nie vergessen, wie mein Dad mir von diesem Erlebnis berichtete ... Er sagte: Nach Jacks Unfall konnte ich lange Zeit nicht schlafen. Also ging ich nachts immer auf die Veranda. Ich war nicht allein. Es war ein Mann mit einem grauen Anzug da. Ich fragte ihn, ob er mich nähme anstelle meines Bruders Jack. Aber er verneinte das und meinte, meine Zeit sei noch nicht gekommen."

Beste Freunde und Brüder: Johnny Cash und Jack Cash

Johnny Cash

Quelle: John C. Cash/Knesebeck Verlag

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Seinen letzten Auftritt hatte Johnny Cash in der Konzerthalle Carter Family Fold in Hiltons, Virginia kurz vor seinem Tod 2003. An seiner Seite: natürlich sein Sohn, der ihm beim Stimmen seiner Gitarre hilft. Beide hatten eine schwere Zeit hinter sich, machten einmal sogar im Abstand von nur einem Monat eine Drogentherapie. Und beide fanden immer wieder die Kraft weiterzumachen. Heute ist Johnny Cashs Sohn ein erfolgreicher Country-Musiker, Songwriter und Produzent. John Carter Cash lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Hendersonville, Tennessee. Ganz nah bei seinem Vater. Der wurde nach seinem Tod am 12. September in der Nähe seines Wohnhauses auf dem Friedhof "Memory Gardens" begraben. Und lebt doch weiter. Als Legende - in diesem Familienalbum.

Vater und Sohn: John Cash hilft dem Alten, seine Gitarre zu stimmen

"Mein Vater Johnny Cash" ist im Knesebeck Verlag erschienen; 39,95 Euro

© sueddeutsche.de/mmai/cag/lala
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