Musik: Munk:Lässig, frisch und lebensfroh

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Bei den allermeisten Liedern des neuen Albums ist eine Frauenstimme deutlich im Vordergrund, oft eine zärtlich gehauchte, oder eine, die sehr easy "la la la" singt. Mathias Modica arbeitet schon lange so, dass er für seine Stücke, die er alle selbst einspielt, Gastsängerinnen sucht, oder die Songs zusammen mit ihnen schreibt. Die noch bekannteste von ihnen dürfte die phantastische Pollyester sein, eine ebenfalls aus München stammende und bei Munk-Konzerten Bass spielende Musikerin, die selbst auch wunderbar schräge Discomusik produziert.

Bei Munk singt sie mit einer etwas kehligen, oft etwas lasziv raunenden Stimme. Auch die anderen Sängerinnen - etwa die DJs Chicka Paula oder Joyce Muniz - haben beim besten Willen keine Gesangsausbildung hinter sich, einige singen zum ersten Mal auf einem Album. In jeder Casting-Show würden sie ratloses Kopfschütteln ernten. Aber genau diese möglichst weite Entfernung zum neuen "Tolle-ausgebildete-Stimme-Pseudo-Soul", der allerorten zu hören ist und uns als "künstlerisch wertvoller Pop" verkauft wird, ist goldrichtig und klingt lässig, frisch und lebensfroh.

Auch Mathias Modica, der sich oft - etwa wie beim potentiellen Hit des Albums "Keep my Secret" - zu einem Duett hinreißen lässt, hört sich nicht gerade sauber an. Seine Stimme hat etwas leicht Froschhaftes, und wenn er breit den Satz "Baby please trust me" singt, ist sein süddeutscher Akzent überdeutlich hörbar. Aber wieso auch nicht? Nur Langweiler mokieren sich über so etwas, die etlichen New Yorker Munk-Fans hingegen stören sich an diesem Lokalkolorit nicht im Geringsten.

Die Musik unter diesen schäkernden Zwiegesprächen ist meist nach einem ähnlichem Muster produziert: Die Beats könnten von einem echten Schlagzeug stammen, sind aber doch so mächtig, dass sie im Club funktionieren. Ein etwas dreckig klingender Bass spielt darüber eine Grundmelodie, oft ist auch ein stets dieselben Akkorde wiederholendes Piano zu hören, schräge Synthesizerklänge knarzen dazu und Streicher sorgen für einen gewissen Glanz.

Das alles ist natürlich alles andere als neu. Für die meisten Songs steht tatsächlich Disco Pate, jene - in Deutschland einst vor allem in München gefeierte - Musikrichtung, die auf der einen Seite für Glamour stand, auf der anderen Seite für Exzess, die es erlaubte, das Schmutzige unter dem Fingernagel mit silbernen Lidschatten zu kombinieren.

"The Bird and the Beat" als reines Retro-Disco-Album abzutun, wäre ungerecht. Das Konzept von Munk mag angesichts der Pophistorie vielleicht nicht allzu originell erscheinen. Aber es erinnert daran, was Pop eben auch sein kann und darf: eine Feier des Hier und Jetzt.

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