Wide awake and feeling mortal, hellwach mit dem Gefühl, sterblich zu sein. So hat Kris Kristofferson auf seiner vorletzten Platte im Jahr 2013 seinen Gemütszustand beschrieben. Damals war er 77. Als er im September 2013 im Circus Krone in München spielte, fühlte man sich in einer angenehmen Art auch sterblich. Kristoffersons Stimme hatte unter seinem Leben gelitten, sie war rau, manchmal brüchig. Auf der Bühne stand ein weißhaariger, immer noch vollbärtiger alter Mann, der in die umgehängte Mundharmonika blies und so schwarz gekleidet war wie Johnny Cash, den manche bis heute auch nur für einen Countrymusiker halten. Kristofferson war, wie Leonard Cohen, Joni Mitchell oder Bob Dylan, einer jener wenigen fernen Freunde, jener singenden Dichterinnen, Gebrauchslyriker und Alltagsphilosophen, von denen man 1972 dachte, sie würden niemals alt werden. Seit diesem Wochenende, seit er 88-jährig gestorben ist, wohnt auch Kristofferson im Tower of Song, den Leonard Cohen erfunden hat, und der in einem Land steht, in dem Alter keine Rolle spielt und sich außer dem Tod selbst niemand mehr mortal fühlen muss.
Nachruf:Der immer frei sein musste
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Schauspieler, Förderer der Kunst, Country-Star: Er wollte alles, nur nicht dem Leben ausweichen. Zum Tod des grandiosen Kris Kristofferson.
Von Kurt Kister
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