Musik:Der Mozart - Effekt

"Wie Musik funktioniert - und warum wir sie lieben", erklärt uns Charlie Morland mit Hilfe von Chromästhesie und Gemüse für Clowns, Oper und Jazz, Kammermusik und K-Pop

Von Michael Stallknecht

"Alle Clowns essen Gemüse". Ob das stimmt und Clowns nicht doch lieber Nutella-Brote essen, zumindest heimlich? Das ist hier eigentlich egal, denn worum es geht, sind die vier Anfangsbuchstaben des Satzes: A-C-E-G. Sie bezeichnen nämlich die Noten, die beim Bassschlüssel in den Zwischenräumen zwischen den fünf Linien des Notensystems liegen. Musik kann ganz schön kompliziert sein, wenn man sie nicht nur hören, sondern auch verstehen will. "Wie Musik funktioniert - und warum wir sie lieben" von Charlie Morland schreckt da fachlich gesehen kaum vor Schwierigem zurück: Rhythmus, Halbtöne, Akkorde, Tonleitern, sogar das Funktionsprinzip einer Fuge oder der Skank als zentraler Beat des Reggae werden hier erklärt. Und was war gleich noch einmal eine Chromästhesie? "Menschen mit Chromästhesie sehen Farben, wenn sie Geräusche hören." Volltreffer. Die Umschreibungen sitzen, sind einfach, aber in der Regel präzis. Auch wenn es vielleicht dann doch ein wenig verkürzt ist, ausgerechnet dem Musical eine Herkunft aus dem antiken griechischen Theater zuzuschreiben. Da bemerkt man eher die Herkunft des Buches aus Großbritannien ("Music and how it works", Dorling Kindersley, London 2020). Ebenso wie an der aus deutscher Perspektive vielleicht ein bisschen sehr politisch korrekten, betont multiethnischen Bebilderung (wobei dann die gerade in der klassischen Musik so wichtigen asiatischen Künstler eigentlich zu kurz kommen).

Es geht um die Macht der Musik, die sie für unsere Fantasie, unser Gedächtnis hat

Die erst im deutschen Untertitel gestellte Frage, warum wir Musik lieben, trifft aber durchaus das Anliegen des Buches. Es gibt ja gerade im deutschsprachigen Raum die Neigung, Kindern - oder vielmehr Eltern - die Beschäftigung mit Musik damit schmackhaft zu machen, dass sie nützlich sei. Der "Mozart-Effekt" eben - der auch erklärt wird: Menschen, die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart hören, lösen knifflige Aufgaben danach besser als solche, die es nicht tun.

Aber was dem Buch viel wichtiger ist: es geht um die Macht der Musik, ihre Kraft, die sie für unsere Fantasie, unser Gedächtnis und unsere Körper hat. Weil sie den Teil des Gehirns anspricht, "der für Spaß zuständig ist". Weil wir uns zu ihr gemeinsam bewegen wollen. Und weil die Welt der Musik so unendlich bunt ist: Allein schon die ganzen Instrumente, auf denen man streichen, blasen oder schlagen kann, die europäischen und die außereuropäischen! Und erst recht die unterschiedlichen Stile, in denen man das tun kann: von der Oper bis zum Jazz, vom Rock bis zur Kammermusik, vom Hip-Hop bis zum K-Pop.

Sie alle werden hier knapp vorgestellt, nicht in didaktischem Aufbau, sondern in thematisch munter wechselnden Kapiteln. Und immer unterstützt von passenden Playlists, die animieren, Musik selber zu hören, und auch dazu, sie selber zu machen. Garantiert ist da der eine oder andere Ohrwurm dabei. Wie man den dann wieder loswird, verrät das Buch ebenfalls: indem man liest oder sich mit jemand unterhält oder - ja! - kaut. Womit man wieder bei der Frage nach Gemüse oder Nutella-Brot wäre.

Aber vielleicht löst sich die auch ganz von selbst bei der Beschäftigung mit etwas, was so faszinierend funktioniert und was man so sehr lieben kann wie Musik.

( ab 8 Jahre und für Musikliebhaber)

Charlie Morland: Wie Musik funktioniert - und warum wir sie lieben. Mit Illustrationen von David Humphries. Dorling Kindersley, München 2021. 96 Seiten, 14,95 Euro.

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