Musical:Bloß keine Liebe

"John & Jen" der Everding-Theaterakademie im Deutschen Theater

Von Maxie Römhild

Große Musicals haben oft etwas gemeinsam: Sie drehen sich um die romantische Liebe. Die Master-Studenten des Musical-Lehrgangs an der Theaterakademie August Everding wollen sich aber mit dem Erwartbaren nicht abfinden: "Eine Liebesgeschichte zwischen Frau und Mann sieht man drei Mal am Tag", sagt Florian Koller, der gemeinsam mit Amber-Chiara Eul in der Masterclass, der Kooperation zwischen Akademie und Deutschem Theater, auf der Bühne steht. "John & Jen" heißt das Stück, für das sich die beiden Darsteller daher entschieden haben.

Die Geschichte überspannt zwei Generationen: Es geht um das Geschwisterpaar John und Jen und um die spätere Beziehung zwischen Jen und ihrem Sohn John, den sie nach ihrem mittlerweile toten Bruder benennt und der es kaum schafft, diesem Ideal gerecht zu werden. Eine ungewöhnliche Stückwahl für ein ungewöhnliches Veranstaltungsformat. Seit 2015 wird der historische Silbersaal des Deutschen Theaters regelmäßig zum Labor für den Musical-Nachwuchs der Theaterakademie. Ausgefallene Stoffe sind hier ausdrücklich erwünscht - da kam das eher unbekannte Kammermusical über Familienbande von Tom Greenwald und Andrew Lippa gerade recht. "Ich glaube dieses Thema kann bei jedem irgendwie andocken, auch wenn man keine Geschwister hat", sagt Amber-Chiara Eul.

Regisseur Thomas Meinhardt will mit der Inszenierung des Off-Broadway-Stücks von 1995 "eine große Sehnsucht vieler Menschen" ansprechen. Es gehe um die prägenden "Familiengeschichten, die man ein Leben lang mit sich rumschleppt". Und wie man sie löst. Dieses sehr menschliche Motiv transportiert "John & Jen" auch auf musikalischer Ebene. Eine Melodie zieht sich wie ein roter Faden durch das Stück. Während sich auf der Bühne Auseinandersetzungen zwischen Jen und ihren beiden Johns mit verschiedenen Ausgängen oder vertauschten Rollen wiederholen, erklingt das Titelthema, gespielt am Klavier von Manfred Manhart, dem musikalischen Leiter, in immer komplizierteren Variationen. Diese Spiralförmigkeit der Geschichte fordert Musiker und Darsteller gleichermaßen. Florian Koller schlüpft nacheinander in beide Johns und versteht es, die jungen Jahre der Männer in einer Gratwanderung zwischen kindlicher Naivität und jugendlicher Spitzbübigkeit zu verkörpern.

Eul und Koller harmonieren menschlich und gesanglich miteinander und tragen das Stück mit professionellem Enthusiasmus. Kein Wunder: Für keinen der beiden ist es die erste Produktion für eine große Bühne. Die Ausbildung an der Theaterakademie soll auf die Arbeit im Rampenlicht vorbereiten - welch besserer Weg, als den Nachwuchs möglichst früh auftreten zu lassen. Dementsprechend voll ist auch der Terminkalender des Hauses. Allein im März laufen neben "John & Jen" eine Ausstellung der angehenden Maskenbildner und die Oper "L'Ancêtre". Auch Florian Koller und Amber-Chiara Eul werden noch auf anderen Bühnen stehen. Erst einmal sind sie aber "John & Jen".

John & Jen; Samstag, 16., bis Samstag, 30. März, Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13

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