Musical:Arsen und Spitzenhöschen

chicago

Ab in die sündige Welt der Nachtclubs in den Zwanzigerjahren: das Musical "Chicago" im Deutschen Theater.

(Foto: eventpress/Stage)

Mit 40 frisch und turbulent wie am ersten Tag: "Chicago", zu Gast im Deutschen Theater, reißt mit, auch wenn es nur einen Ohrwurm aufbietet

Von Antje Weber

Mit diesen Frauen ist nicht zu spaßen. Zwar räkeln sie sich in schwarzen Dessous mit quellenden Brüsten lasziv auf ihren Sitzen. Doch die eine hat ihren Mann erschossen, weil er ihr auf die Nerven ging. Die zweite hat ihren Geliebten mit Arsen umgebracht. Die dritte war auch nicht zimperlich beim Wegräumen eines missliebigen Lovers: "Er rannte mir ins Messer", singt sie mit Unschuldsmine, "zehn Mal!"

Spätestens da wissen die Zuschauer, was die Stunde geschlagen hat. Den meisten ist es ohnehin klar, viele Frauen sind schon zur Vorpremiere im Deutschen Theater aufgestylt in Kürzest-Röcken erschienen. Schließlich entführt das Musical "Chicago" in die sündige Welt der Nachtclubs der Zwanzigerjahre, die in einer sehr engen Beziehung zum Frauengefängnis der Stadt stehen. Es geht also um nichts weniger als Liebe und Mord, Habgier und Ehebruch, Ausbeutung und Verrat - "um lauter Dinge", wie eine Showfrau ankündigt, "die unseren Herzen lieb und teuer sind".

Die rasante Mischung aus Sex and Crime, 1975 vom Erfolgsteam Bob Fosse, John Kander und Fred Ebb einer wahren Geschichte nachempfunden, hat es am Broadway und im Film zu Weltruhm gebracht - und sie funktioniert auch in München prächtig, selbst auf Deutsch. Zwar werden in diesem Stück keine großen Gefühle zelebriert, zwar hat es außer dem berühmten "All that Jazz" keine Ohrwürmer zu bieten. Dafür lebt es von Tempo und Bewegung, vom Groove der Musik, von trubeligen Tanzszenen und einigem Humor. Das Bigband-Orchester unter Jochen Kilian im Zentrum der Bühne, die wie die Kostüme ganz in coolem Schwarz gehalten ist, liefert den mal dezent swingenden, mal satt auftrumpfenden Grundsound. Zu den Songs von John Kander stampfen in der perfekt einstudierten Original-Choreografie von Bob Fosse muskelbepackte Kerle, tänzeln verruchte Revuegirls - oder sie schwingen als gierige Presse-Meute die Notizblöcke. Auch die Hauptrollen sind gut besetzt: Neben Caroline Frank als Velma, Isabel Dörfler als fiese Mama Morton oder Volker Metzger als "Schusseldussel"-Ehemann glänzt insbesondere die Holländerin Carien Keizer als charmante und in manchen Slapstick-Szenen hochkomische Mörderin Roxie.

Wenn alle hier immer wieder die Showtreppe auf und ab laufen, wenn Livio Cecini als schmieriger Anwalt Billy Flynn in einer Wolke aus Federpüscheln verschwindet und am Ende bei der Gerichtsverhandlung alles zur Farce gerinnt - dann ist dies, wie das Musical durchaus böse vorführt, zwar nur Zirkus und fauler Zauber. Doch all der schöne Schein bedeutet eben auch beste Unterhaltung - that's showbiz!

Chicago, Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13, noch bis 10. April

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