Museum:Die endliche Geschichte

Michael Ende, 1984

Michael Ende wurde 1929 in Garmisch geboren. Kurze Zeit später zog die Familie nach München. Als Schriftsteller lebte Ende unter anderem in Italien, wo er mit "Momo" eines seiner erfolgreichsten Bücher schrieb.

(Foto: Brigitte Friedrich)

Garmisch-Partenkirchen schließt aus Geldmangel seine Dauerausstellung zum Gedenken an den Schriftsteller Michael Ende. Einige Kreativkräfte der Marktgemeinde sehen die kulturelle Aufbauarbeit der vergangenen Jahre in Gefahr

Von Sabine Reithmaier, Garmisch-Partenkirchen

Michael Ende hat im Kurpark 1990 noch höchstpersönlich eine Linde gepflanzt. Der Park trägt inzwischen zwar seinen Namen, aber ansonsten hat Garmisch-Partenkirchen gerade nicht viel und vor allem kein Geld übrig für die Erinnerung an den Schriftsteller, der hier am 12. November 1929 geboren wurde. Die Dauerausstellung "Der Anfang vom Ende", die seit 2007 im Kurhaus den berühmten Autor und seine noch berühmteren Figuren wie Momo oder Jim Knopf vorstellt, hat jedenfalls seit Jahresende geschlossen. Der Grund: Die Gemeinde sieht sich nicht in der Lage, eine lang geplante neue Präsentation zu finanzieren.

Vor drei Wochen erfuhr der überraschte Roman Hocke, Adoptivsohn und langjähriger Lektor Endes, dass aus der neuen Ausstellung nichts wird. Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer teilte ihm bei einem Treffen mit, der Markt könne seine Zusage nicht einhalten, vorrangig müssten erst die historische Sprungschanze und das Kongresszentrum saniert werden.

"Ich kann das schon verstehen, jedenfalls zum Teil", sagt Hocke. Aber genauso klar war für ihn als Endes Nachlassverwalter auch, dass die alte Schau nicht weiterlaufen kann. "Die Konzeption ist nicht mehr zeitgemäß, wir haben viele Reaktionen von Besuchern erhalten, die uns signalisieren, dass die Präsentation Endes Andenken nicht gerecht wird", sagt Hocke, aus dessen Fundus die meisten Exponate stammen. Daher einigte er sich kurzerhand mit der Gemeinde darauf, die Ausstellung komplett zu schließen. Das bestätigt auch zweiter Bürgermeister Wolfgang Bauer. "Mit dem Leihgeber der Exponate wurde vereinbart, sie zu schließen und in nächster Zeit gemeinsam etwaige Ersatzmöglichkeiten auszuloten." Bis zum Sommer 2017 soll es Entscheidungen geben.

Von dem Michael-Ende-Zentrum, von dem der ehemalige Bürgermeister Thomas Schmid bereits 2012 schwärmte, ist derzeit jedenfalls nicht mehr die Rede. Auch in der Hoffnung darauf hatten Roman Hocke und Endes Witwe Mariko Sato-Ende große Teile ihrer Archive nach Garmisch gegeben, darunter auch viele Bilder von Endes Vater, dem surrealistischen Maler Edgar Ende. "Wir dachten, all das würde in der nächsten Stufe der Verwirklichung des Zentrums Eingang finden." Was Hocke bedauert, ist der radikale Schnitt, den die Schließung der Ausstellung bedeutet. Es sei überhaupt nicht darüber geredet worden, ob es Möglichkeiten geben könnte, die vorhandene Präsentation ein wenig zu modernisieren, geschweige darüber, was das kosten würde. "Wenn einmal Summen genannt würden, könnte man versuchen, das Geld aufzutreiben", sagt er. Natürlich könne es nicht nur immer eine Linie nach oben geben, sondern auch Rückschläge. "Aber die Zäsur jetzt finde ich etwas krass." Er sieht die Gefahr, dass all die Aufbauarbeit, die jahrelang für Ende an seinem Geburtsort geleistet worden sei, mit einem Schlag zunichte gemacht wird.

Hocke ist auch Mitglied der "Phantastischen Gesellschaft", eines Vereins, der sich seit 2003 um phantastische Kunst und insbesondere um Endes Werk kümmert. Die Gesellschaft organisierte das Programm der Michael-Ende-Woche, mit der der "Kultursommer Garmisch-Partenkirchen" seit 2013 eröffnet wurde. Aber da es das Festival in der alten Form nicht mehr geben wird, entfallen auch die Ende-Tage und damit die wissenschaftlichen Symposien oder die Aufführungen seiner Werke.

Das vorläufige Ende des Kultursommers hatte Ende September 2016 Florian Zwipf-Zaharia eingeleitet, als er für seine Firma Cultus Production Insolvenz anmelden musste. Seine Agentur hatte den Kultursommer von Anfang an, also seit 2003, organisiert. Über viele Jahre hin sehr erfolgreich, doch 2016 brachen unerwartet die Besucherzahlen ein. Da noch andere Projekte von Cultus Production nicht gut liefen, war die Firma schnell zahlungsunfähig. Die Gemeinde hat inzwischen ihren Vertrag mit Zwipf-Zaharia, der bis Ende 2017 gelaufen wäre, aufgelöst und sucht inzwischen nach Möglichkeiten, das Festival weiterzuführen. "Nach dem feststehenden Ausfall des Kultursommers im Jahr 2017 ist eine Zwischenlösung in der Form gedacht, dass besonders die in diesem Jahr anstehenden Jubiläen der im kulturellen Bereich agierenden Vereine und Gesellschaften - unter anderem feiert das Partenkirchner Bauertheater sein 125-jähriges Bestehen - in größerem Rahmen mit weiteren Einzelveranstaltungen durchgeführt werden sollen", lässt der zweite Bürgermeister mitteilen.

Das hört sich weder nach Ende-Werkspflege noch nach den beeindruckenden Theaterinszenierungen an, die den Kultursommer in den vergangenen Jahren zu einem überregionalen Ereignis machten. Eigenartig auch, dass Georg Büttel, der bisherige künstlerische Leiter, zu den ersten Gesprächen mit Kulturschaffenden über die Fortführung des Festivals nicht eingeladen wurde. "Ich bin ausmanövriert", sagt der daher etwas genervt und befürchtet: "All das, was wir die letzten 14 Jahre aufgebaut haben, wird an die Wand gefahren."

Ganz so pessimistisch ist Roman Hocke nicht: "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Vielleicht fügt sich alles nach einer Phase des Nachdenkens."

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