Quatsch Comedy Club:"Unser Anspruch ist, zur Humorzentrale Bayerns zu werden"

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Seit 1992 lädt Thomas Hermanns zum "Quatsch Comedy Club" - und ab Januar 2020 auch nach München. (Foto: Sky/Thomas Kierok)

Der "Quatsch Comedy Club" von Thomas Hermanns kommt ins Werksviertel. Was in Hamburg und Berlin funktioniert, soll auch in München zur Institution werden.

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Der erste Lacher ließ auf sich warten. Thomas Hermanns habe ein Problem mit der Bahn, hieß es. Und man dachte sich: Wer hat das nicht? Jedenfalls würde sich die Pressekonferenz mit dem Paten des deutschen Fernsehhumors um eine Stunde verschieben. Unter dem Motto "O'glacht wird" sollte im Werksviertel eine Spaß-Sensation für München verkündet werden: Der "Quatsch Comedy Club" werde nach Hamburg, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf im Januar 2020 auch in Bayern eine Dependance aufmachen, und zwar in der Nachtkantine. Ohne Hermanns, der diese deutsche Allmacht der Albernheiten 1992 in der Kantine des Hamburger Schauspielhauses begründet hat, ging aber erst mal nichts.

Die Gelegenheit nutzte Josef Glasl, Pressesprecher für das Werksviertel Mitte, um auf einem Rundgang zu erklären, warum dieser urbane "Erlebnispark" sehr gut zum Comedy Club passe: Kultur sei ein wichtiger Baustein für den Mix auf dem Gelände, sagte Glasl. Manch einer dachte vielleicht an die komödiantischen "Bingo"-Nächte in der Bongo-Bar des Kunstparks Ost oder erinnerte sich, dass hier schon einmal ein riesiges "Q" leuchtete - vor der Groß-Disco Q-Club. Und dass hier im einstigen Pfanni-Werk die Mieter nun "Siedler" genannt werden und auf Bonus-Karten "Knödel" sammeln, ist schon irgendwie lustig. Das fanden wohl auch die Macher des "Quatsch Comedy Clubs", die im Sommer auf einem Bänkchen vor der Almhütte der Schafweide auf dem Flachdach des Werks 3 den Vertrag als Untermieter der Nachtkantine unterzeichneten.

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"Das sieht hier aus wie in einem hippen Eck in Brooklyn - plus Schafe", erklärte Hermanns, als er mit 90-minütiger Verspätung loslegte ("Jetzt wissen Sie, warum viele deutsche Comedians Witze über die Bahn machen"). Der internationale Look passe prima zum Konzept, schließlich importiere man immer wieder Vertreter aus den Hochburgen der Stand-up-Comedy, den USA und Großbritannien. Tatsächlich war der QCC in Deutschland Geburtshelfer für das Genre. 700 Künstler traten seitdem in 2000 Bühnen-Shows auf. Und vor allem durch die - mit dem Deutschen Comedy Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis geehrten - TV-Aufzeichnungen wurden und werden Spaßmacher wie Michael Mittermeier, Ingo Appelt, Dieter Nuhr, Wigald Boning, Olli Dietrich, Cindy aus Marzahn oder Chris Tall zu Stars.

Von 2020 an bekommt auch München, dessen Humor eher auf der Tradition des Kabaretts und der Brettl fuße, Entwicklungshilfe in Sachen Comedy. "Das Lachen mit Leuten ist was anderes als alleine vor Youtube", wirbt Hermanns für die Live-Programme: "Unser Anspruch ist, zur Humorzentrale Bayerns zu werden." Er habe beobachtet, dass der Stand-up-Boom auch in München endlich einige Open-Mic-Bühnen hervorgebracht habe. "Da dachten wir, das ist der Moment, die Mutter der Szene hierher zu bringen und die besten Komiker herzukarren." Dass es auch in München, gerade im Umfeld des Vereinsheims in Schwabing, einige beachtliche Comedians gibt, ließ Hermanns zwar unerwähnt, dennoch kennt er sich aus. In München studierte er, hier inszenierte er fürs Gärtnerplatztheater "Bussi - Das Munical", und selbst mit dem "Quatsch Comedy Club" gastierte er oft an der Isar: Hier, und nicht in der Zentrale im Keller des Berliner Friedrichstadt-Palasts, wurden lange die Shows für Pro 7 aufgezeichnet. Nach dem Dreh habe man mit den Künstlern in Münchner Bars weitergefeiert und Comedy für Deutschland erfunden.

Vorerst zweimal pro Woche, freitags und samstags, ist der "Quatsch Comedy Club" von 17. Januar 2020 an zu Gast in der Nachtkantine (sollte man gut ankommen, stellt man sich überdies schon ein Talentformat am Donnerstag und eine Sonntagsmatinee vor). Das einstige Mittagslokal der Pfanni-Arbeiter werde man "nach den eigenen Bedürfnissen umstylen" und licht- und tontechnisch für 300 Zuschauer ertüchtigen - ohne den Flair der Feierbude zu übertünchen, als die viele Münchner das Lokal kennen und weiter nutzen wollen. Vier Comedians und Comediennes "unterschiedlicher Temperaturen", Bekannte wie Newcomer, werden sich dann auf der Bühne abwechseln und auch danach noch ansprechbar sein. Ein "Host" - Hermanns Paraderolle - hält den Abend zusammen. Die Aufgabe des Moderators, die zur Eröffnung der in London erfolgreiche Christian Schulte-Loh übernimmt, ist nicht zu unterschätzen: Er bringe die einzeln angereisten Besucher zusammen und in Stimmung.

Was man dem Fernsehzuschauer, weil zu speziell und aktuell, meist erspare, was aber auch den besonderen Charme der intimen Bühnenshows ausmache, ist der zehnminütige Aufwärmteil des Gastgebers. Der müsse, so Hermanns, am Abend vorher um die Häuser ziehen und herausfinden, was gerade in der Stadt los ist. "Etwa: Wen hassen wir in München am meisten?", fragt Hermanns und gibt erst mal die Klischee-Antwort: "Die Bogenhausener, ... aber das wissen wir noch nicht." Nach Sticheleien zur Münchner und Berliner Wohnungsnot ("Sie zahlen hier locker die Mieten, die wir uns in Berlin nicht leisten können") und der Ankündigung, auch Markus Söder und die Provinz nicht zu schonen, verrät er noch, welches Viertel in München in Ordnung sei: "Ich liebe den Gärtnerplatz - aber ich bin ja auch alt." Ob er nun mit dem hippen Werksviertel warm wird - es kann auf jeden Fall lustig werden.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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