München:Helden im Kopfstand

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Georg Baselitz überzeichnet Parsifal mit finsteren Tönen

Von Susanne Hermanski

Auf den Prospekten hängen die Gestalten kopfüber vom Bühnenhimmel. Der Tannenwald ist finster und übermächtig stilisiert. Die Gralsritter sind in ihren Kostümen mit kantigen Linien überzeichnet, ihre Heldenbrust ist so nackt wie gelegentlich ihre Hintern. Und die Blumenmädchen tragen gar rot bemalte Brustwarzen auf ihren Fatsuits. Aus jeder Szene ist Baselitz zu erkennen in dieser Inszenierung von "Parsifal" an der Bayerischen Staatsoper. Wie sein Malerkollege Neo Rauch hat auch er sich an Wagner gewagt, doch anders als Rauch, hat er weniger begeisterte Kritiken geerntet.

Baselitz' Parsifal wird in der Staatsoper wieder aufgenommen. (Foto: Ruth Walz)

Bei der Premiere der gemeinsamen Inszenierung mit Pierre Audi mussten die beiden sogar einige Buhrufe einstecken. Dabei hat Baselitz geliefert, was von Baselitz zu erwarten war. Und dass ein "Bühnenweihfestspiel", wenngleich von Wagner derart tituliert, bei Baselitz keine Blümchen enthalten würde, war zu erwarten. Für das Bühnenbild und die Kostüme hatte er mehr als 100 neue Zeichnungen gemacht, dabei aber Bezüge aus allen seinen Schaffensphasen untergebracht, von den frühen Heldenzeichnungen, die ihn berühmt gemacht haben, bis zu den dominierenden Werken der jüngsten Jahre, die Bildhauerarbeiten eingeschlossen.

Georg Baselitz. (Foto: Stephan Rumpf)

Baselitz hat nicht zum ersten Mal für die Oper ein Bühnenbild entworfen. Wagners "Parsifal" sieht er entsprechend differenziert. "Diese Oper ja nicht bekannt für besonders viel Handlung. Ganz im Gegenteil. Eigentlich passiert vier Stunden lang nichts - nur diese wunderbare Musik", sagte er in einem Interview. "Ich wollte dann auch, dass auf der Bühne gar nichts passiert. Nur so ein schwarzer Kasten, fertig. Das widersprach allerdings den Vorstellungen des Regisseurs."

Außerdem outete er sich als ein Anhänger von Bert Brecht. "In meiner Studentenzeit in Berlin sah ich viel Brecht. Er hat die reinen Theatermittel benutzt. Diese Einfachheit habe ich nie vergessen. So versuchen wir das nun auch." Dass Baselitz in der Folge die stolzen Mauern der Gralsburg kurzerhand auf eine Art überdimensionierten Duschvorhang malen ließ, der sich schlicht zusammen knautscht, statt ordentlich einzustürzen, kam beim durchschnittlichen Publikum auch nicht sonderlich gut an. Begeistert äußerten sich hingegen Münchens Museumsdirektoren wie Staatsgemäldesammlungschef Bernhard Maaz und Angelika Nollert von der Neuen Sammlung. Und Markus Lüpertz, der sich extra beide Aufführungen angesehen hat - Baselitz "Parsifal" und Neo Rauchs "Lohengrin" - fand auf seine betont trockene Art tröstende Worte für den Malerfreund: "Diese Buhs gehören doch dazu."

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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