München:Ausflug in die Welt des Techno

München: Die Sieger von LBT (von links: Leo Betzl, Sebastian Wolfgruber und Maximilian Hirning) treten am kommenden Samstag im Harry Klein auf.

Die Sieger von LBT (von links: Leo Betzl, Sebastian Wolfgruber und Maximilian Hirning) treten am kommenden Samstag im Harry Klein auf.

(Foto: Rainer Haeckl)

Das Trio "LBT" gewinnt verdient das Finale des BMW-Welt-Jazz-Award

Von Dirk Wagner

Sechzig internationale Jazz-Formationen hat die BMW Welt in den letzten zehn Jahren in eintrittsfreien Matineen präsentiert. Ausgewählt von einer Fachjury, die die Musik nach jährlich wechselnden Motti neu sortiert. Das Motto im Jubiläumsjahr lautet "Jazz Moves" und meint damit sowohl die Tanzbarkeit von Jazzmusik als auch ihre eigene stilistische Beweglichkeit. Wenn etwa die norwegische Sängerin Beate Slettevoll Lech und ihre Band Beady Belle den Jazz in einer mitreißenden Matinee der Popmusik überliefert. Oder wenn Andi Kissenbecks Club Boogaloo mit satter Hammondorgel nicht nur dem Bandnamen nach jene Mischung aus Son und Rock'n'Roll wiederbelebt, die im New York der Sechziger Jahre Boogaloo genannt wurde.

Von den heuer auserkorenen sechs Formationen kamen schließlich das österreichische Duo BartolomeyBittmann und das Münchner Trio LBT ins Finale. Wie jedes Jahr ist die Entscheidung darüber, welcher der beiden Finalisten der bessere ist, keine leichte. Aber wäre die Entscheidung leicht, wäre es auch kein gutes Finale. Denn nur die Begegnung zweier hochkarätig besetzter Ensembles, die es beide verdient hätten, als Sieger hervorzugehen, macht das Finale seit zehn Jahren so spannend. Es ist darum auch nicht übertrieben zu behaupten, dass die eigentlichen Gewinner des Wettbewerbs die Zuschauer sind, die zum freien Eintritt in den Matineen sowie im stets ausverkauften Finale aktuelle Jazz-Entwicklungen aufspüren dürfen.

Nun hätte heuer viel dafür gesprochen, den dotierten Preis dem österreichischen Duo zu überlassen, das auf Cello, Violine und Mandola geradezu eine neue musikalische Weltsprache kreiert. Eine, die aus den Errungenschaften einer klassischen Musik ebenso schöpft wie aus den Jazz-Erfahrungen der Musiker. Der Cellist Matthias Bartolomey wird am Morgen nach diesem Finale im Burgenland ein Cellokonzert von Friedrich Gulda spielen. Er arrangierte aber auch schon die Streicher für die Hamburger Pop-Band Boy, oder bereitete die Mahavishnu-Kompositionen des Gitarristen John McLaughlin als Streichquartette auf. Tatsächlich wandelt er also schon lange zwischen verschiedenen musikalischen Welten, die er nun mit dem Jazz-Violinisten und Mandola-Spieler Klemens Bittmann virtuos vereint. Da perlen auch mal Tonfolgen einer an die serielle Musik eines Philipp Glass erinnernden Klangwelt über die Harmonien einer Alten Musik. Allein schon solche Begegnungen unterstreichen die Poesie der Vergänglichkeit, die Bartolomey auch in seiner Moderation betont, wenn er sich als kurzen Wegbegleiter seines seit 1727 gespielten Cellos beschreibt. "Wer weiß, wo es schon alles war, und wo es nach mir noch alles sein wird", sagt er über sein wertvolles Instrument, dessen Wirbelkasten anstelle einer Schnecke ein geschnitzter Löwenkopf ziert. Beinahe majestätisch thront Bartolomey mit diesem Cello leicht erhöht auf der Bühne, wo ihn auch optisch sehr eindrucksvoll der Violinist Bittmann umtänzelt.

Doch in der Wiederholung wirken die nahezu identischen Moderationen und Tanzbewegungen, die in der Matinee zu Recht überzeugten, nunmehr auch ein wenig entzaubert. Weswegen es nur folgerichtig ist, den Preis heuer dem Münchner Trio LBT zukommen zu lassen, dessen jazzmusikalischer Ausflug in die hier rein akustisch generierte Klangwelt des Techno zugleich auch beispielhaft scheint für einen aktuell in München gelebten neuen Jazz-Begriff. Einer, der etwa neue Bigband-Sounds mit Hip-Hop verbindet, oder der - wie hier - den Clubsound eines Harry Klein, so der Name des Münchner Clubs, in dem LBT übrigens auch kommenden Samstag spielen, mit jenem Kammerjazz auf Konzertflügel, Kontrabass und Schlagzeug paart, mit dem das Trio vor drei Jahren seine Zusammenarbeit startete. Inspiriert wurde es dazu von der Münchner Hochschule für Musik, deren Absolventen aktuell überraschend häufig mit eigenwilligen innovativen Projekten auffallen. Wenn LBT also als erste Münchner Formation überhaupt den BMW-Welt-Jazz-Award gewinnt, darf sich die Musikhochschule diesen Preis auch in ihrer Chronik notieren.

Im nächsten Jahr wird sich der Wettbewerb unter dem Motto "Saxofon Worlds" dann, wie der Name verrät, dem Saxofon widmen, einem der bedeutendsten Jazz-Instrumente also, das aber auch Überraschungen birgt.

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