Mode:Auf großem Huf

Martin Margiela ist ein geheimnisvoller Modedesigner, der zu einem noch geheimnisvolleren Künstler geworden ist. Eine Online-Auktion bietet Stücke der Maison Margiela - einen Mohairpulli oder eine Jacke aus Papier.

Von Jan Kedves

Wenn Mode ähnlich wie Kunst versteigert wird, muss ihr Schöpfer entweder schon lange tot sein, oder er ist eine mysteriöse Figur wie Martin Margiela. Der belgische Designer liebt die Anonymität, bis heute zeigt er sein Gesicht nicht in der Öffentlichkeit. Bis in die Nullerjahre hinein schuf er mit seinem Atelier, von dem man zwar wusste, dass alle Mitarbeiter darin weiße Kittel tragen, aber nie genau, wer dazu gehört, hochreduzierte und bisweilen hochironische Entwürfe mit großem Einfluss im Designbereich - unter anderem sind die "Tabi"-Schuhe, bei denen der große Zeh separiert ist, populärer denn je. Sie verleihen dem Fuß eine derbe Huf-Optik.

Die italienische Diesel-Gruppe, der die Maison Margiela seit 2002 eingegliedert ist, stellt diese extravaganten Schuhe in Variationen weiter her. Der Chefdesigner Martin Margiela selbst war aber spätestens seit dem Jahr 2009 nicht mehr beteiligt. Womit er heute seine Zeit verbringt, weiß man nicht genau. Es heißt, er male Bilder, aber noch niemand hat eines seiner Werke zu Gesicht bekommen. Ein geheimnisvoller Modedesigner, der zum noch geheimnisvolleren Künstler geworden ist - das ist natürlich hervorragender Stoff für Mythen und: gut für die Wertsteigerung.

Nun kommen Entwürfe aus der Zeit, in der der heute 61-Jährige noch selbst beteiligt war, digital unter den Hammer. Das Pariser Auktionshaus Artcurial versteigert in einer Online-Auktion vom 6. bis 11. März "mehr als 200 signierte Stücke aus der Schaffenszeit 1989 bis 2009" (so die Pressemitteilung).

Mit "signiert" kann dabei kaum gemeint sein, dass Margiela die Produkte aus seiner Linie nachträglich noch mit einer Unterschrift versehen hat. Eher wird gemeint sein, dass die Lose - etwa eine Jacke aus reißfestem Industriepapier (1997/98) oder ein Mohair-Pullover mit überdimensioniertem Rollkragen (2008/09) - die typischen vier weißen Heftstiche tragen, die in der Maison stets das Logo, oder eher: den Ersatz für ein Logo bildeten. Allein die Möglichkeit, dass Maison Margiela zu seiner aktiven Zeit diese vier Stiche noch persönlich ins Produkt gesetzt haben könnte, steigert heute den Wert dieser Stücke. Es ist fast wie bei Kunst.

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