Wie gut, dass das 20. Jahrhundert vorbei ist. Im 20. Jahrhundert nämlich war in Europa die Mobilmachung so gut wie immer die vorletzte Stufe der Eskalation, es war der Schritt, der nahezu unweigerlich in den großen Krieg führte. Als bestes, schlagendes, furchterregendes Beispiel für den Mechanismus, der durch die Mobilmachung in Gang gesetzt oder beschleunigt wird, gilt der Sommer 1914. Im Zeitalter der Massenheere, die im 19. Jahrhundert durch die Einführung der Wehrpflicht entstanden, war jener Staat im Vorteil, der zuerst seine stehenden Truppenteile dahin schaffte, wo der Krieg mutmaßlich beginnen würde, und vor allem die Vielzahl der ausgebildeten, aber ins Zivilleben zurückgekehrten Soldaten, die Reservisten, einsatzbereit machte - mobilisierte. Wer nicht mobilmachte, wer seine Armee nicht kampfbereit organisierte - oder wer das zu spät tat - , konnte den Krieg schon vor dem ersten Schuss verloren haben. Der preußisch-deutsche Sieg über Frankreich 1870/71 war auch ein Sieg der, mithilfe der damals neuen Eisenbahnen, besser organisierten Mobilmachung der Deutschen.
Geschichte der Mobilmachung:Putin, der Mann von gestern
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Eine Mobilmachung als Eskalation ist so bedrohlich wie oldschool. Das lässt bei aller Sorge sogar ein wenig hoffen.
Von Kurt Kister
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