In seinem vor zwanzig Jahren geschriebenen Essay über William Gaddis "Mr. Difficult" unterscheidet Jonathan Franzen zwei verschiedene Arten, wie der Autor mit seiner Leserschaft kommuniziert. Die eine, und der rechnet er Gaddis zu, folgt dem Status-Modell: Der Autor will seiner Vision treu bleiben und schert sich nicht um den Leser, der im Zweifelsfall ein Banause ist. Der Status-Autor dichtet sich möglichst gegen Verständlichkeit ab und pflegt den Nimbus des einsamen Sehers. Das entgegengesetzte Modell ist das Kontrakt-Modell. Der Autor fühlt sich an einen ungeschriebenen Vertrag mit der Leserschaft gebunden: Er muß ihr Vertrauen gewinnen, sie muß sich auf ihn verlassen können, und es ist kein ästhetischer Makel, wenn er ihr Vergnügen bereitet. Anders und mit dem unfehlbaren Borges gesagt: Wenn der Leser dem Autor nicht folgen kann, ist es ein Versagen des Autors.
Thomas-Mann-Preis 2022:Der Kontrakt des Dichters
Lesezeit: 8 Min.
Er "gibt uns keine Karikaturen, er gibt uns Vollplastiken": Eine Laudatio auf Jonathan Franzen anlässlich des Thomas-Mann-Preises in Lübeck.
Von Michael Maar
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