Michael Krügers "Meteorologie des Herzens":Männermeteorologie

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Von Vögeln und anderen Autoren: Michael Krüger erinnert sich

Von Tobias Lehmkuhl

Der Männerzirkel war doppelt exklusiv, wollten doch, so berichtet Krüger, an den vom Verleger Burda großzügig ausgestatteten Preisverleihungen soviele Menschen teilnehmen, dass man sich geradezu abschotten musste. Vor allem die hämisch über den Prunk herziehenden Journalisten hätten sich bei den Pasta-Festen und Wein-Gelagen besonders hervorgetan und wurden nicht wieder zugelassen. Nun denn.

Einer der Preisträger war der polnische Dichter Zbigniew Herbert, dem Krüger den zweiten längeren Text in diesem Büchlein widmet. Auch der Titel, "Meteorologie des Herzens", stammt aus einem Gedicht, das Herbert Krüger gewidmet hat. Die Beziehungen waren immer eng zwischen großen Verlegern und großen Autoren, wobei Suhrkamp der Verlag Herberts war und nicht der von Krüger geleitete Hanser Verlag. Zum Glück, so Krüger, denn Herbert versank mit zunehmendem Alter in Depression und Paranoia. Als Nicht-Verleger, so könnte man mutmaßen, fiel es Krüger in solchen Phasen sicher leichter, die Freundschaft weiter zu pflegen.

Die Erinnerungen an die Frühzeit des Petrarca-Preises wie an Zbigniew Herbert zeigen, wie sehr man zwischen Autoren und Verlegern , aber auch zwischen Verlegern und Verlegern - zumindest in der Vor-Wende-BRD - das Gefühl hatte, an derselben Sache, an der schönen Literatur eben zu arbeiten. Die Übereinstimmungen waren groß, Freundschaften ergaben sich wie von selbst, wenn sie natürlich aus heutiger Sicht auch etwas Männerbündisches an sich hatten.

Michael Krüger: Meteorologie des Herzens. Über meinen Großvater, Zbigniew Herbert, Petrarca und mich. Berenberg Verlag, Berlin 2021. 144 Seiten, 20 Euro. (Foto: N/A)

Persönliches und Berufliches waren da wohl kaum zu trennen, und so ist es nur folgerichtig, dass den beiden Essays in "Meteorologie des Herzens" ein biografisches Gespräch vorangestellt ist, dass Matthias Bormuth mit Verleger-Dichter geführt hat, ein Gespräch über die Kindheit bei den Großeltern, die Verbundenheit mit der Natur, über die augenöffnende Reise mit einer christlichen Jugendgruppe aus dem grauen Berlin ins mondäne Paris und an die frühen Jahre als Buchhändler in London.

Eine geschlossene oder auch nur stringente (Auto)Biografie liefern die 144 Seiten (inklusive eines recht redundanten Nachworts) allerdings nicht. Da wird der historisch interessierte Literatur- und Krüger-Fan wohl noch eine Weile drauf warten müssen. Am besten liest er so lange Krügers Gedichte, wie das dem Band voranstellte "Wo ich geboren wurde" aus dem Jahr 2003: "Mein Großvater konnte über hundert Vögel/ an ihren Stimmen erkennen, nicht gerechnet/ die Dialekte, die in den Hecken gesprochen wurden,/ dunklen Schulen hinter dem Hof,/ wo die Braunkehlchen Aufsicht hatten."

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