Zum Tod von Michael Apted:Dramatiker des Lebens

Bond-Film und ´Gorillas im Nebel" - Regisseur Michael Apted tot

Regisseur Michael Apted verhalf einem ins Stolpern geratenen Bond wieder zu einem Hauch an Realität.

(Foto: Jordan Strauss/dpa)

Der britische Regisseur Michael Apted war ein Pionier des Dokumentarfilms, drehte aber auch Blockbuster wie die James-Bond-Folge "Die Welt ist nicht genug".

Von David Steinitz

Warum genau die James-Bond-Produzenten ausgerechnet ihn anriefen, um ins bombastische 007-Franchise einzusteigen, sei ihm selbst nie ganz klar geworden, sagte der Regisseur Michael Apted. Was natürlich klassisches britisches Understatement ist: Den Bond-Machern blieb eigentlich fast nichts anderes übrig.

Denn ihr Geheimagent war mehr schlecht als recht durch die überdrehten Neunzigerjahre gestolpert. Um der Reihe im Rahmen ihrer Möglichkeiten zumindest wieder einen Hauch Realität einzuimpfen, war kaum einer so geeignet wie er.

Sein 007-Film "Die Welt ist nicht genug", 1999, war die am wenigsten verkrampfte Folge mit Pierce Brosnan, ein eleganter Spagat zwischen dem Erbe der alten Bondfilme und der Erkenntnis, dass die Welt der Jahrtausendwende eine radikal andere war als die des Kalten Krieges.

Michael Apted, geboren 1941 in der englischen Kleinstadt Aylesbury, brachte in fiktionale Großproduktionen wie Bond immer die Akribie und Neugier eines Dokumentarfilmers ein. Er hatte Recht in Cambridge studiert und als Rechercheur beim britischen Fernsehen sein journalistisches Handwerk gelernt, bevor er ins Filmgeschäft einstieg.

Für das legendäre Dokumentarfilmprojekt "Up", in dem der Regisseur Paul Almond das Leben einer Gruppe britischer Kinder porträtierte, wählte Apted 1964 in langer Suche die Protagonisten aus. In den Jahrzehnten danach baute er die Reihe als Regisseur weiter aus und traf die Kids von damals mehr als fünfzig Jahre lang immer wieder, um aus den Irrungen und Wirrungen ihres Lebens zu erzählen.

Die Welt der Blockbuster fand Apted immer etwas bizarr

Die "Up"-Reihe war für ihn sein wichtigstes Werk: "Es gibt kaum Filme, die die Geduld und die Ausdauer und die Zeit haben, das Drama des ganz normalen Lebens einzufangen, also das Drama, durch das wir alle durchmüssen."

Weil Apted es durch diese Arbeit gewohnt war, mit acht Mitarbeitern auszukommen, fand er die Welt der Blockbuster, "wo man sich plötzlich mit 1000 Leuten rumschlagen muss", immer ein bisschen bizarr: "Ich war es nicht gewohnt, im November entscheiden zu müssen, was ich gerne nächsten Juni drehen möchte, aber so laufen diese großen Produktionen nun mal."

Neben Bond drehte er eine Kinofolge der "Chroniken von Narnia", arbeitete für Netflix ("Bloodline") und HBO ("Rom"). Zwischendrin drehte er aber auch immer wieder kleinere Spielfilme, die mehr dem neugierigen Geist seiner Dokumentarfilmarbeit entsprachen: "Gorillas im Nebel" mit Sigourney Weaver, "Nashville Lady" mit Sissy Spacek oder "Nell" mit Jodie Foster.

Am Donnerstag ist Michael Apted im Alter von 79 Jahren in seinem Haus in Los Angeles gestorben.

Zur SZ-Startseite
Soul

SZ PlusInterview zum Pixar-Film "Soul"
:"Ich wollte allen gleichermaßen auf die Füße treten"

Wie macht man einen Film über die Seele, das Leben und den Tod, ohne ins Religiöse abzugleiten? Pete Docter und Kemp Powers über ihren Animationsfilm "Soul" - und die Schwierigkeit, dem Unsichtbaren eine Gestalt zu geben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: