Mein Lied (1): Peter Jordan:"Das Lied verfolgt mich"

"Dann werde ich schon wieder traurig": Schauspieler Peter Jordan erzählt, in welchen melancholischen Phasen Johnny Cashs "One" besonders wichtig war - und wann er es auf der Ukulele spielt.

Katharina Riehl

Peter Jordan, 1967 in Dortmund geboren, ermittelt seit 2008 als Tatort-Kommissar in Hamburg. Schauspielerische Karriere hat er aber vor allem am Theater gemacht - neun Jahre gehörte er zum Ensemble des Thalia Theaters in Hamburg. Auf die Frage nach seinem Lied schickte Peter Jordan einen Link zu einem Klassiker: One von U2 - aber in der Version von Johnny Cash. Ein Song über eine offensichtlich ziemlich schwierige Beziehung: "We're one, but we are not the same" heißt es da.

Zweiter Fall für ´Tatort"-Kommissar Cenk Batu

Einen Namen hat sich Peter Jordan, links, eigentlich am Theater gemacht - dem breiten Publikum wurde er spätestens mit seiner Rolle im Hamburger "Tatort" bekannt: Da spielt er den Vorgesetzten eines internen Ermittlers (Mehmet Kurtulus). 

(Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Ihr Lieblingslied ist ja ziemlich melancholisch. Stammt das aus einer Lebenskrise?

Peter Jordan: Es gab eine Phase, in der ich als Jugendlicher mit ein paar Kumpels und dem Auto durch Sizilien gefahren bin, da haben wir immer U2 gehört.

sueddeutsche.de: Melancholische Jugendliche?

Jordan: Das war damals eine ziemlich intensive Phase, die als Jugendlicher wohl jeder hat. Man ist in der Findung.

sueddeutsche.de: Eine "Das-Leben-macht-keinen-Sinn-Phase"?

Jordan: Ja, da spielte auch Kate Bush eine gewisse Rolle. Wir haben es laut laufen lassen und starr aus dem Fenster geguckt. Aus dem Fenster hinaus geschwiegen.

sueddeutsche.de: Und die Liebe zu dem Lied hat bis heute gehalten?

Jordan: Es war dann erst einmal weg, so wie solche Phasen eben vorbeigehen. Das besondere an One ist, dass es mich verfolgt hat. Dass es alle zwei, drei Jahre plötzlich wieder in meinem Leben auftauchte. Als Johnny Cash es coverte, ist mir erst so richtig aufgegangen, was das für ein wunderschönes Liebeslied ist. Da ist mir klargeworden, wie man sich zum Teil einfach vom Sound wegtragen lässt. Dass man oft überhaupt nicht hinhört.

sueddeutsche.de: Und wohin hat One Sie nun verfolgt?

Jordan: Überall hin. Fahrstühle, Supermärkte. Ein Initialerlebnis war für mich eine Fahrt durch Kalifornien. Ich fuhr mit einem Freund durch die Wüste, dann kam im Radio, dass Johnny Cash gestorben sei. Mein Freund neben mir ist richtig am Lenker zusammengebrochen. Der kommt aus Bochum, da dachte ich mir dann: Du kanntest den doch gar nicht, das ist jetzt schon ein bisschen übertrieben. Aber irgendwie hat es mich beeindruckt, dass einer viel mehr in diesen Dingen drin war als ich, in der Musik und in der Philosophie, alle Platten kannte.

sueddeutsche.de: Und dann kam schon wieder dieses Lied?

Jordan: Ja, und das ist dann wieder so ein Moment, in dem man denkt: Oh Gott, wie komm ich mit der ganzen Melancholie jetzt klar?

sueddeutsche.de: Und, wie kommt man? Radio ausschalten?

Jordan: Nein, auf keinen Fall ausschalten. Irgendwann wundert man sich dann, dass man wieder funktioniert.

sueddeutsche.de: Und was ist an der Version von Johnny Cash besser als an der von U2?

Jordan: Es ist etwas völlig anderes: Es ist einfach tiefer, gemeinter, wenn einer auf seiner Gitarre spielt und keine Keyboards braucht, diesen ganzen 80er-Sound.

sueddeutsche.de: Man kann sich bei Johnny Cashs Liebesleben ja durchaus vorstellen, dass er mit dem Text etwas anfangen konnte.

Jordan: Deshalb hat er es sich wahrscheinlich ausgesucht: Das verstehe ich, das cover ich mal.

sueddeutsche.de: Die Beziehung in dem Lied ist ja ziemlich verkorkst.

Jordan: Klar, wie das eben so ist. Die meisten Straftaten werden ja auch aus Beziehungsdingen getan, die meisten Morde geschehen aus Liebe - viel mehr als aus kapitalistischen Gründen.

sueddeutsche.de: Wissen Sie das als Tatort-Kommissar?

Jordan: Nein, das ist erwiesen. Und ich glaube das auch.

sueddeutsche.de: Und wann hören Sie One am liebsten?

Jordan: Ich lege es nicht selber auf, es verfolgt mich eben. Ich habe es nicht einmal, weder von Johnny Cash noch von U2, die alte Platte hat mein Vater wohl weggeschmissen. Ich sitze in Wartezimmern und lese die Bunte oder die Brigitte und plötzlich kommt One. Und es löst immer die gleichen Emotionen aus. Egal, wo man ist.

sueddeutsche.de: Keine besonders fröhlichen.

Jordan: Eine gewisse Melancholie.

sueddeutsche.de: Können Sie One auch selber spielen?

Jordan: Ja, klar, auf der Ukulele. Aber nicht vor Leuten, dafür bin ich nicht gut genug. Nicht jedes Lied, das man mag, kann man auch gut interpretieren. Nur für mich alleine, wenn keiner dabei ist. Aber dann werd ich auch schon wieder traurig.

sueddeutsche.de: Aber nicht, weil Sie so falsch spielen?

Jordan: Nein, die Cords sind ja aufgeschrieben, so schwer ist das nicht.

sueddeutsche.de: Und dann sperren Sie sich an schlechten Tagen, wenn es regnet, in Ihr Zimmer ein und spielen One?

Jordan: Ich glaube, das wäre zu viel. An solchen Tagen gehe ich eher joggen.

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