Mein Lied (2): Dominic Raacke:"Ich sehe den kleinen Dominic vor mir"

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Gehört hat Dominic Raacke sein Lieblingslied meist im Keller - und den Text von "Hey Jude" hat er früher ziemlich falsch verstanden.

Lena Schilder

T ill Ritter, den Dominic Raacke seit 1999 im Tatort verkörpert, hätte wohl einen anderen Song gewählt. Auch dem mächtigen Wikingerhäuptling Haudrauf, der Stoische , dem er in dem Animationsfilm "Drachenzähmen leicht gemacht" die Stimme leiht, wäre wahrscheinlich ein Lied mit mehr Kawumm lieber. Dominic Raackes Favorit ist eher was fürs Herz - und ein ziemlicher Klassiker: "Hey Jude" von den Beatles.

Dominic Raacke, der am weltberühmten "Theater Institute" von Lee Strasberg in New York gelernt hat, ist vor allem als Tatort-Kommissar Till Ritter bekannt. Seit 1999 ist er auf Spurensuche in Berlin. (Foto: picture-alliance/ ZB)

sueddeutsche.de: Herr Raacke, wissen Sie, für wen Hey Jude geschrieben worden sein soll?

Dominic Raacke: Ich habe gelesen, dass Paul McCartney das Lied für John Lennons Sohn Julian geschrieben hat, nachdem Lennon die Familie wegen Yoko Ono verlassen hatte. Das ist eine Parallele zu meinem Leben, die mir früher so nie bewusst war. Ich habe Hey Jude zu der Zeit oft gehört, als sich meine Eltern getrennt haben.

sueddeutsche.de: Und deshalb verbinden Sie so viel damit?

Raacke: Ich habe den Song damals nicht mit dieser Bedeutung in Verbindung gebracht und auch nicht so auf den Text geachtet. "Jude" habe ich deutsch verstanden, und dieses Jüdische war für mich mit einem Gefühl der Melancholie verbunden.

sueddeutsche.de: Hören Sie das Lied noch heute, wenn Sie melancholisch sind?

Raacke: Ich höre es eigentlich nicht bewusst. Ich habe es auch nirgendwo. Aber vielleicht wäre das mal eine gute Idee, mir Hey Jude runterzuladen und mich damit für eine Rolle in eine traurige Stimmung zu versetzen. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Und wenn ich dieses Lied höre, dann berührt es mich, und ich sehe den kleinen Dominic vor mir. Es steht für die Zeit meiner frühen Jugend als ich so 13, 14 war. Da hatte ich ganz stark dieses Gefühl, nirgends richtig dazuzugehören.

sueddeutsche.de: Dann ist es also kein Lied eines besonderen Moments, sondern einer ganzen Phase.

Raacke: Das Lied weckt sofort Erinnerungen an diese Zeit. Mein Vorbild war damals John Lennon und ich hatte lange Haare wie er. Ich war generell Beatles-Fan, was auch zu mir gepasst hat. Ich war zart und introvertiert, ein Außenseiter, der nie großartig feiern war. Andere haben eher Sachen wie die Stones oder Pink Floyd gehört. Ich hab die Beatles gehört und dazu gezeichnet. Das hatte für mich einen Instant Healing Effekt.

sueddeutsche.de: Waren Sie damals nicht noch etwas jung für die Beatles?

Raacke: Ich habe einen zehn Jahre älteren Bruder, durch den ich einiges mitbekommen habe. Er hatte sein Reich im Keller, was ziemlich geheimnisvoll war. Wir wussten alle nicht so genau, was er da eigentlich die ganze Zeit treibt, aber manchmal hat er mir Einlass gewährt. Ich saß dann im Keller und habe das Weiße Album der Beatles über Kopfhörer gehört.

sueddeutsche.de: Aber Hey Jude ist ja nicht nur melancholisch, sondern auch irgendwie tröstend?

Raacke: Es hat definitiv auch etwas Aufbauendes, es heißt ja "Take a sad song and make it better". Und es ist auch ein Liebeslied "Remember to let her into your heart" . Das war dann später wichtiger, mit den ersten Liebesgefühlen. Das Lied hat mich in meiner Coming of Age Phase geprägt, da habe ich es auch bewusst eingelegt und gehört.

sueddeutsche.de: Stört es Sie, dass Sie Ihr Lieblingslied mit so vielen teilen? Es ist ja die bestverkaufte Beatles-Single überhaupt.

Raacke: Ist das so? Nein, das stört mich überhaupt nicht. Das zeigt nur, dass es ein wirklich guter Song ist.

sueddeutsche.de: Können Sie Hey Jude auch selbst spielen?

Raacke: Leider nicht. Manchmal würde ich die Zeit gerne zurückdrehen, eine Band gründen und die Mädchen auf diese Weise beeindrucken. Ich musste das später eben über meine Filme versuchen. Ich bin ein sehr visueller Typ. Aber natürlich spüre ich diese Kraft von Musik, dass sie alle abholen kann.

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