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Mediaplayer: Forderte einst seine Kritiker zum Boxkampf auf: Uwe Boll.

Forderte einst seine Kritiker zum Boxkampf auf: Uwe Boll.

(Foto: Kick Verlag)

Trash-Regisseur Uwe Boll hat in 25 Jahren 33 Filme gedreht, einige mit Millionenbudget aus Hollywood. Jetzt erscheint seine Autobiografie "Ihr könnt mich mal".

Von Sofia Glasl

Der Regisseur Uwe Boll bekommt momentan die besten Kritiken seines Lebens. Allerdings nicht für seine Filme, sondern für das Restaurant "Bauhaus", das er im kanadischen Vancouver betreibt. Von Anfang an war es ein Hit. Von seinen Filmen kann man das nicht behaupten, für die erntete er hauptsächlich unterirdische Rezensionen. Mehr als 25 Jahre lang hat er wie am Fließband gedreht, 33 Filme, einige davon mit Millionenbudget aus Hollywood. Action, Horror, Videospieladaption, alles dabei, doch der Durchbruch wollte ihm damit nicht recht gelingen. Er hat sich in dieser Zeit mit seiner undiplomatischen Art mit der halben Filmindustrie angelegt, Kritiker beleidigt und zum Boxkampf aufgefordert. Auf seinem Youtube-Kanal "Uwe Boll: RAW" monologisierte er über Politiker und Kollegen, jeder bekam sein Fett weg. In einem besonders schönen Video erklärt er außerdem auf Englisch, wie man einen vernünftigen Sauerbraten macht.

Letztes Jahr hängte Boll die Filmkarriere zugunsten seines Lokals an den Nagel. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, kurz vor seinem Rückzug noch all diejenigen zu beschimpfen, die seine Kickstarterkampagne für den letzten Film nicht unterstützt hatten. Das Video war mit "Fuck you all" überschrieben. Der Titel seiner nun erscheinenden Autobiografie "Ihr könnt mich mal" verspricht eine Fortsetzung dieses verbalen Amoklaufs. Boll hat schon immer auf die vom amerikanischen Exploitationfilm vorgelebten Produktions- und Marketingstrategien gesetzt. Deren Ziel ist, schnell und billig zu produzieren und sich dann marktschreierisch anzupreisen, um so viele Zuschauer wie möglich zu locken. In "Ihr könnt mich mal" geht er wie bei seinen Filmen vor. In die chronologische Struktur streut er wilde Exkurse ein. Zum Beispiel eine wütende Verteidigung von Jan Böhmermanns Schmähgedicht gegen Erdoğan oder ein Pamphlet mit dem Titel "Was ich tun würde als Herrscher der Welt". Zwei rote Fäden halten die Autobiografie zusammen: Bolls alter Hass auf die "hochgejubelten Apparatschiks" der Filmindustrie, und seine Liebe zum Film.

Es wird deutlich, dass er seit seiner Kindheit ein absoluter Kinofreak ist. Er sog alles auf, was Kino und Fernsehen hergaben. Orson Welles, Martin Scorsese, Sergio Leone prägten ihn - "alles Regisseure, die nicht unbedingt Gute-Laune-Filme lieferten". Schon damals legte er allerlei Spitzfindigkeit an den Tag, um mit möglichst wenig Geld möglichst viele Filme zu sehen. Wenn die Eltern keinen Fernsehmarathon erlaubten, lud er sich eben zu Oma Hertha zur Westernnacht ein. Er mähte Rasen und bastelte Kinoprogrammzettel, um sich das erste Equipment leisten zu können. Diese Hartnäckigkeit ist sicher eine seiner Stärken. Abseits von Förderinstitutionen und Fernsehanstalten biss er sich durch und richtete sich als einer der wenigen unabhängigen Guerillafilmemacher in Deutschland ein. "So war es irgendwie immer: Ich gegen alle. Wenn ich nicht selbst eine Realität herstelle, passiert es nicht."

Boll hat natürlich auch selbst die Hörbuch-Version der Biografie eingesprochen, mit knarziger Stimme und Pott-Dialekt. Dabei stolpert er zwar immer wieder über die Langatmigkeit seiner Aufzählungen von Lieblingsfilmen, kann aber alles Herzblut in seinen Lieblingsspruch "Was für eine Scheiße!" legen. Aber kennt man seine Podcast-Tobereien und Interviewausfälle, könnte man fast meinen, er sei zahm geworden. Beinahe brav liest er die Erinnerungen herunter und muss immer wieder selbst lachen. Etwa über die filmreife Szene, als er einen Teil des Geldes für seinen ersten Film "German Fried Movie" in bar beim Einsteigen auf das Autodach legte. Erst in der Sparkasse stellte er fest, dass es beim Losfahren weggeflogen war. Diese Autobiografie ist schon auch eine große Tragikomödie. Hinter all den zusammengezimmerten Projekten und der Selbstinszenierung als ewig unverstandener Einzelkämpfer steht eine faszinierende Mischung aus Sturheit, gnadenloser Pragmatik und, nun ja, einer gehörigen Prise Größenwahn, mit der er sich über die Jahre hinweg mit eigenem Kopf durch das Business gepoltert und laviert hat.

Uwe Boll: "Ihr könnt mich mal! Vom Kurzfilmer in Burscheid zum meistgehassten Regisseur Amerikas". Kick Verlag, Bonn, 240 Seiten, 18 Euro. Hörbuch 15,95 Euro.

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