Süddeutsche Zeitung

Mediaplayer:Fake News überall

Neu auf DVD: Der Thriller "Das Alibi" erzählt aus dem Leben des Senators Edward Kennedy, Bruder von John und Bobby. Und Regisseur Steven Spielberg wandert in seinem Actionfilm "Ready Player One" in die virtuelle Realität aus.

Von Fritz Göttler

Wie ein kleiner Bub, der sich nicht nach Hause traut eines dummen Streiches wegen, stolpert Teddy durch die erste Hälfte des Films "Chappaquiddick", deutscher Titel: "Das Alibi". Teddy hatte in der Nacht eine junge Frau von einer fröhlichen Party weggebracht, auf einer Insel in Massachusetts, der Wagen war von einer Brücke gestürzt, er konnte sich aus dem Wagen befreien, die Frau starb im Wasser. Es ist der Juli 1969, Amerika kurz vor der ersten Mondlandung. Der Mann ist Senator Edward Kennedy, der letzte der großen Politikerbrüder, die Frau ist Mary Jo Kopechne, die für Edwards ermordeten Bruder Robert Wahlkampf gemacht hatte. Jason Clarke spielt Kennedy, Kate Mara spielt Kopechne. Der Fall ist auch nach fünfzig Jahren undurchsichtig. Die dubiosen Löcher, die in der Politik und bei politischen Entscheidungen immer bleiben ... John Currans Werk ist ein Film über die amerikanische Familie. Bruce Dern ist der Vater, der greise Joe Kennedy, im Rollstuhl thronend, nicht mehr des Sprechens fähig, nur mit seinem grimmig verächtlichen Blick artikuliert er sich. Ich wollte nie Präsident werden, klagt Edward. Wir haben immer nur die Träume unseres Vaters erfüllen müssen. Fake News waren damals schon Mittel zum Zweck. Wir haben drei Probleme, kriegt Edward von einem Berater erklärt: Erstens, die Informationen, die wir haben und die sonst niemand kennen darf. Zweitens, die Informationen, die wir nicht kennen und die unbekannt bleiben. Drittens, die Informationen, die du schon zugegeben hast. Und die wir die Leute wieder vergessen lassen müssen. (Ascot Elite)

Zwanzig Jahre später, die amerikanische Politik hat sich nicht verändert. In Jonathan Demmes "Die Mafiosi-Braut/Married to the Mob" hat Michelle Pfeifer - Demme hat fast ausschließlich Familienfilme gemacht - einen Mafiakiller (Alec Baldwin) zum Mann. Der treibt es mit der Frau seines Bosses, der wiederum scharf ist auf Michelle. Auch das FBI ist involviert, es erpresst Michelle zur Mitarbeit, droht, ihre Freundin abzuschieben. Mein Gott, ihr arbeitet wie der Mob, erwidert sie verächtlich, da gibt es keinen Unterschied. Daraufhin der Agent: Ein großer Unterschied ... beim Mob arbeiten mörderische, diebische, lügnerische, betrügende Leute. Wir arbeiten für den Präsidenten der USA. (Koch Media)

Fake News in Europa, das russische Reich zu Beginn des 20. Jahrhunderts: "Die Gezeichneten", 1922, einer der weniger bekannten Filme von Carl Theodor Dreyer, in Berlin gedreht, mit emigrierten Mitgliedern der russischen Künstlerkolonie dort. In rauchigen Hinterzimmern planen junge Revolutionäre den Umsturz, auf dem Land, in einer friedlichen Idylle, sind die Dörfler immer wieder bereit, zu einem Pogrom sich aufstacheln zu lassen von falschen Predigern, gegen die Juden. In den Familien führen, wie immer bei Dreyer, die Frauen das Regiment, sie hocken sich mit der Heiratsvermittlerin zusammen, um einen Mann für die Tochter auszusuchen. Die flieht in die Stadt, zum Bruder, der zum Christentum konvertierte. Als der Sohn den Eltern davon Mitteilung macht, wird er vom Vater, der schon bettlägerig ist, verflucht, die Mutter streicht ihm sanft über die Brust und näht einen Knopf seiner Studentenuniform wieder an. Die Gesten sind zurückhaltend, zart. Dreyer war dankbar mit diesen Akteuren zu arbeiten, nach den Erlebnissen mit dem deutschen Theater, wo Erregung und die Jagd nach Effekten aus dem Boden sprossen wie Unkraut. (absolut Medien)

Ein schwarzer Heimatfilm, "Narbengesicht /Cry Vengeance", 1954, der erste Film, den der Schauspieler Mark Stevens selbst inszenierte. Er spielt einen Ex-Cop, der aus dem Gefängnis kommt und Rache nehmen will an einem Ex-Gangsterboss, für den Tod von Frau und Kind. Er muss nach Kechikan, Alaska, wohin der Gangster sich zurückgezogen hat. Mark Stevens nimmt sich selbst sehr zurück, gewährt den Mitspielern Raum. Dem weißblonden Skip Homeier zum Beispiel, der einen fiesen Killer spielt. Er bringt sein Opfer an einen Fluss, erschießt es und lässt dann noch einen Kiesel über die Wasseroberfläche tanzen, wie wir als Kinder es taten. (Cargo)

Ein Film für Kids und für Erwachsene, die Kids geblieben sind, "Ready Player One" von Steven Spielberg. In einer nicht so fernen Zukunft gibt es neben der richtigen Alltagswelt, Columbus, Ohio, die parallele eines virtuellen Spiels, in das sich alle unter erfundener Identität einloggen können. Die wirkliche Welt sieht, wie oft bei Spielberg, fantastischer aus als die imaginäre, und auf einer dritten Ebene nistet sein Film sich in Kubricks "Shining" ein. Der Kampf aller gegen alle und dann gegen einen, der das System missbrauchen will, schafft einen reinen Spielberg-Familienfilm. (Warner)

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Quelle:
SZ vom 01.10.2018
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