Media Player:Papa Arnie in der Krise

Media Player: Arnold Schwarzenegger und Abigail Breslin in "Maggie".

Arnold Schwarzenegger und Abigail Breslin in "Maggie".

(Foto: Splendid)

Schwarzenegger ist ganz verletzlich im Familiendrama "Maggie". Seine Tochter ist Opfer einer Epidemie. Sie verwandelt sich in einen Zombie.

Von Tobias Sedlmaier

Eine Hüne im Holzfällerhemd: Mit der Axt in der Hand stellt sich der mächtige Arnold Schwarzenegger zwei Polizisten in den Weg, die seine Tochter Maggie abholen wollen, aus dem ländlichen Sommeridyll seiner Farm. Und natürlich scheint an diesem muskulösen Riesen, wie man es aus einer langen Reihe an verschwitzten Actionfilmen gewohnt ist, kein Vorbeikommen möglich. Bis ihn dann plötzlich doch einer der beiden Cops fast problemlos niederringt, ein ungewöhnlicher Anblick: Schwarzenegger am Boden, verzweifelt und hilflos.

"Maggie" ist aber auch ein sehr ungewöhnlicher Film: zärtliches Familien-Drama, ironisch-kluge Fortschreibung des Genres Zombie-Horror und Schwarzenegger-Solo-Show in einem. Schwarzenegger spielt diesmal keinen Killerroboter mit Stahlarm oder Ex-Söldner mit Panzerfaust, sondern einen fürsorglichen Familienvater - gratwandernd zwischen Standfestigkeit, Verzweiflung und Wahnsinn. Denn Regisseur Henry Hobson erzählt in "Maggie" keine gewöhnliche Familiengeschichte. Daddy Schwarzenegger muss nicht etwa mit den Pubertätsproblemen seiner Tochter fertig werden, sondern mit den Auswirkungen einer globalen Epidemie, die auch seine Maggie befallen hat. Genauer gesagt: einer Zombieepidemie.

Ein paar Wochen bleiben ihr noch, ehe sie sich in eine menschenfressende Untote verwandelt und deshalb getötet werden muss - so schreibt der Staat es vor. Ihre letzte Zeit darf Maggie anstatt im Krankenhaus bei ihrem Vater und ihrer Stiefmutter auf der einsamen Farm verbringen, inmitten abgebrannter Maisfelder. Hoffnung auf Heilung gibt es keine; Nachbarn und die Polizeibeamten, die ab und an zur Kontrolle vorbeikommen, können Papa Arnie nur noch offen zur letzten radikalen Lösung raten: dem Gebrauch des Gewehrs.

Dieser Fatalismus steht im Mittelpunkt des Films, der auf die klassischen Schockelemente und schockierenden Wendungen des Horrorgenres verzichtet. Stattdessen inszeniert Regisseur Hobson seine Zombie-Meditation als Krankendrama mit Sterbehilfekomplex: Irgendwann wird der Vater seine Tochter töten müssen, selbst, oder indem er sie dem Staat übergibt, zum Schutz der Mitmenschen. Ständig schwebt die Entscheidung, die eigentlich keine mehr ist, über den Köpfen der Familie: Wie geht man mit dem schleichenden Verfall der Tochter um?

Schließlich beginnt Maggie eine letzte Reise, trifft noch einmal alte Freunde, darunter auch einen anderen Infizierten. Mit ihm darf sie noch mal am Lagerfeuer sitzen, ein bisschen Verliebtheit und jugendliche Unsterblichkeit genießen - obwohl sich auf ihrer Haut bereits ein spinnennetzförmiges Geflecht ausbreitet.

Bemerkenswert an dieser Verfallsgeschichte des Mädchens: Während der klassische Zombiefilm in den Sechzigern eine künstlerische Reaktion auf große gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse war, kehrt hier ein Individualisierungsprozess ein. Womit das Genre mal wieder gekonnt den Zeitgeist spiegelt und den Rückzug ins Private in den Mittelpunkt stellt. Nicht umsonst werden Ursache und weltweite Auswirkung der Zombie-Krankheit nur am Rand gestreift, nicht wirklich erläutert, sind letztlich auch unwichtig für diese Geschichte.

Schwarzenegger benötigt für seine Vaterrolle keinerlei Krachbumm-Krawall, um glaubwürdig zu sein, man hat ihm schließlich schon so oft als Held vertraut. Ein Übervater ist er indes nicht. Selbst wenn mehrere Untote die Begegnung mit ihm nicht unbeschadet überstehen, ist er doch weit von jeglicher Terminator-Überlegenheit entfernt. Seine Statur, der ganze Muskelberg, wirkt in diesem Film merkwürdig schlaff, eingefallen. Die starken Charaktere, zeigt uns Hobson, sind hier die Frauen. In der berührendsten Szene, in der der Action-Star Schwarzenegger wirklich als Schauspieler zu sehen ist, erzählt er seiner Tochter von der verstorbenen Mutter, seiner Frau, die immer so viel gelesen habe. Verwunderung schleicht sich in sein bärtiges, faltiges, altes Gesicht, was die kluge, schöne Frau wohl an einem wie ihm gefunden haben mag?

Maggie gibt es auf DVD (ab 12,90 Euro) und Blu-ray (ab 14,90 Euro). Außerdem ist der Film als Video on Demand erhältlich, zum Beispiel bei Google Play oder Amazon (ab 3,99 Euro).

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