Mark Ronson, Gnarles Barkley und Co.:Herrscher des Pop

Sie sind in der Musik das Pendant zum Regisseur im Film: Warum die Musikgeschichte den Produzenten endlich den Platz einräumen sollte, den sie verdient haben.

Jens-Christian Rabe

Sein Name stand groß auf den Plakaten für diese Dienstagnacht im Oktober im Münchner Club Puerto Giesing. Aber dass Mark Ronson nach dem Konzert der R'n'B-Sängerin Kelis, die ja nicht mehr in der ersten Liga spielt, noch den DJ geben würde, klang doch sehr unwahrscheinlich.

Gala 'Männer des Jahres' der Zeitschrift GQ

Mark Ronson wurde jüngst zu einem "GQ Mann des Jahres" gewählt. Er ist außerdem noch Amy-Winehouse-Erfinder und Grammy-Gewinner. Und der derzeit vielversprechendste Produzent des avancierten Mainstream-Pop.

(Foto: dpa)

Der Mark Ronson? Der Amy-Winehouse-Erfinder und Grammy-Gewinner? Der derzeit vielversprechendste Produzent des avancierten Mainstream-Pop? Genau der. Als der hagere 35-jährige New Yorker ein paar Stunden nach Mitternacht dann wirklich hinter dem DJ-Pult stand, waren die meisten schon gegangen.

Sein programmgemäßes Erscheinen dürfte wesentlich mit dem Sponsor des Abends zu tun gehabt haben, einem amerikanischen Modeunternehmen, das sich um jugendliche Glaubwürdigkeit bemüht. Und doch fühlte sich die Anwesenheit des Stars völlig richtig an. Sein eindrucksvoll professionell konzipiertes Hit-Set zündete sofort.

Man merkte, dass hier einer zwar einen Pflichttermin erfüllte, aber eben auch, dass es ihm mit dem Pop-Puzzlen, dem Sammeln und Erforschen dieser Musik, viel zu ernst ist, als dass er sich dabei Nachlässigkeit verzeihen würde. Und sei es bei einem gesponserten Auftritt in einem halbleeren Münchner Clubkeller.

Sein soeben erschienenes drittes Album heißt Record Collection (Sony) und ist tatsächlich viel mehr als ein Album. Schon die Liste der Mitwirkenden Stars zeigt, welchen Bogen Mark Ronson spannen will. Der denkbar elegant nuschelnde Rapper Q-Tip ist genauso dabei wie das denkbar aggressive rappende Wu-Tang-Clan-Mitglied Ghostface Killah, außerdem der R'n'B-Crooner D'Angelo und das Elektro-Hip-Hop-Duo Spank Rock.

Der einzige echte Star ist hier der Produzent

Aber eben auch Boy George, Simon Le Bon von Duran Duran und Nick Hodgson, der Songwriter der britischen Indierock-Band Kaiser Chiefs. Man erfährt all das allerdings nicht unübersehbar auf dem Cover, sondern nur im Kleingedruckten des Booklets. Der einzige echte Star ist hier der Produzent Ronson. Alle anderen sind nur Material. Wenn man nach einem finalen Beweis für den Paradigmenwechsel suchte, den der Pop im vergangenen Jahrzehnt vollzogen hat - hier wäre er.

Natürlich könnte auch die Geschichte der ersten 40 Jahre der Popmusik ohne weiteres als die Geschichte der wichtigen Produzenten erzählt werden, als die Geschichte von Sam Phillips, George Martin, Phil Spector, Quincy Jones, Malcolm McLaren, Brian Eno, Martin Hannett, Rick Rubin, Dr. Dre, Butch Vig. Wird sie aber nicht.

Die großen Namen - die Reihe ließe sich um manch anderen ergänzen von Ted Templeton über Nile Rodgers zu Stock Aitken Waterman und den Dust Brothers - sind zwar bekannt, trotzdem haben längst nicht alle einen eigenen Eintrag in den einschlägigen Lexika. Die im Studio sieht man nicht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die Geschichte der jüngsten Popmusik unbedingt als die Geschichte der Produzenten erzählt werden muss.

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