Kaum ein Streitpunkt entzweite die Politik der siebziger Jahre mehr als der Strafgesetz-Paragraph 218. Die Klausel stellte den Schwangerschaftsabbruch damals noch weitgehend unter Strafe, was nach Auffassung der Frauenbewegung zu ändern war.
Um den Frauen und dem Recht des ungeborenen Lebens zu genügen, kam es 1974 zu einer Erweiterung des Paragraphen 218, nach der ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis straffrei gestellt wurde.
Mit dieser Fristenlösung hatte die Union generell ein Problem, besonders aber das CDU-geführte Bundesland Baden-Würrtemberg, das drei Tage nach der Neuregelung des Paragraphen 218 das Bundesverfassungsgericht anrief - mit der Konsequenz, dass die Gesetzesnovelle in weiten Teilen nicht in Kraft trat. Im Kampf für den Schutz des ungeborenen Lebens tat sich vor allem der baden-württemberigsche Justizminister Traugott Bender hervor - und brachte damit seine Kabinettskollegen in Verlegenheit. Mit seiner forschen Ankündigung, Schwangerschaftsabbrüche auch wegen sozialer Notlagen in Landeskrankenhäusern zu verbieten, diskreditierte er die Stuttgarter CDU-Gesundheitsministerin Annemarie Griesinger, die Frauenverbänden versprochen hatte, dass "in Baden-Württemberg das weitverzweigte, umfassende Angebot geeigneter gynäkologischer Behandlungsmöglichkeiten in Krankenhäusern ausreichen wird".
Der damalige Ministerpräsident Hans Filbinger pfiff seinen Justizchef schließlich zurück, was der Frauenrechtlerin Marie Marcks ganz offensichtlich besondere Wonne bereitete. Genüsslich malte sie sich die - zerplatzten -Träume Traugott Benders aus.