Süddeutsche Zeitung

Klage gegen Mariah Carey:Schöne Bescherung

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Mariah Carey soll den Titel für den Welthit "All I Want for Christmas Is You" abgeschrieben haben. Ein Songwriter verklagt sie deswegen auf 20 Millionen US-Dollar. Hat er Chancen?

Von Johannes Korsche

Katy Perry zum Beispiel, Pharrell Williams oder Led Zeppelin. Zuletzt und besonders aufsehenerregend: Ed Sheeran. Kaum einer der Popgrößten, der oder die in den vergangenen Jahren nicht mal wegen angeblicher oder tatsächlicher Urheberrechtsverletzung verklagt worden wäre. Also: wegen wissentlich oder unwissentlich geklauter Melodien. Jetzt also Mariah Carey.

Ein gewisser Andy Stone, Musiker, Songwriter und seit den 1970ern mit seiner Band Vince Vance & The Valiants aktiv, wenngleich von Weltruhm eher weit entfernt, hat Klage eingereicht gegen sie. Was Stone aber gegen Carey gerichtlich durchfechten will, könnte ihm doch noch Ruhm bescheren.

Seine Klage ist im Reigen ähnlicher Prozesse eine besondere, weil es im strengeren Sinne nicht um Musik geht: Mariah Carey und der Produzent Walter Afanasieff, so Stone, hätten den Songtitel von "All I Want for Christmas Is You" bei ihm abgeschrieben, beziehungsweise bei seiner Band. Beim ganzen Rest - Melodie, Akkordfolge, Songtext - sieht er kein Problem. Aber für den Songtitel hätte Stone gerne 20 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 18,75 Millionen Euro).

Stones Argumentation: Sein "All I Want for Christmas Is You" sei in der Weihnachtssaison 1993 so bekannt gewesen, dass sich Mariah Carey am Namen bedient habe, um Aufmerksamkeit abzugreifen. Careys Weihnachts-Welthit kam schließlich erst 1994 auf den Markt, auf dem Album "Merry Christmas". 28 Jahre nach Erscheinen ebendieses Albums wirft Stone Carey nun also vor, sein Urheberrecht "wissentlich, bewusst und vorsätzlich" verletzt zu haben. Die Sängerin habe sich unrechtmäßig an der Popularität und dem besonderen Stil seines Songs bereichert, so zitiert das Fachmagazin Rolling Stone die Klageschrift.

Und sollte das tatsächlich Careys Plan gewesen sein, muss man feststellen, dass der durchaus gut aufgegangen ist. Und Stones Rache etwas spät kommt. Die Weihnachtsballade spült es alle Jahre wieder in die Charts, auf Youtube wurde allein das offizielle Musikvideo mehr als 725 Millionen Mal geguckt. Auf Spotify gehört der Titel zu einem elitären Kreis von Songs, die mehr als eine Milliarde Mal gestreamt wurden. Insgesamt soll er seit Veröffentlichung um die 60 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 56,2 Millionen Euro) Tantiemen eingebracht haben. Und von diesen Einnahmen will Stone nun etwas ab.

"Schöpfungshöhe"? Bei einem einzelnen Satz oft nicht der vorhanden

Zumindest in Deutschland hätte er damit wohl kaum Erfolg, sagt Severin Riemenschneider, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Zwar könnten auch Songtitel prinzipiell urheberrechtlich geschützt werden, allerdings braucht es dafür eine gewisse "Schöpfungshöhe". Und "das ist bei einem einzelnen Satz oft nicht der Fall." Der Titel könnte aber darüber hinaus markenrechtlich geschützt sein. Wenngleich Riemenschneider auch da Probleme sieht: Der Anspruch, falls es ihn denn mal gegeben hat, könnte bereits verwirkt sein. Schließlich habe Stone sich ja seit fast 30 Jahren nicht darum gekümmert.

Eingereicht hat Stone die Klage übrigens in New Orleans, wo er sich eine Kopie von Careys Album "Merry Christmas" gekauft haben soll, wie der Rolling Stone berichtet. Bei ersten Kontakten zwischen Stones Anwälten und Carey habe man sich nicht einigen können. Was womöglich auch an den Aussichten der Klage liegen könnte. Severin Riemenschneider jedenfalls bezweifelt, dass Stone gute Chancen hat. Was unter anderem auch damit zusammenhängt, dass bereits 177 Werke unter dem Titel "All I Want for Christmas Is You" urheberrechtlich geschützt sind.

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