Der Anfang ist entwaffnend. Ria - das Stück heißt nach ihr "Maria", aber alle nennen sie Ria - kommt nach vorne an die Rampe, sie trägt eine Latzhose und ein T-Shirt und spricht zu ihrem schwangeren Bauch. Erzählt dem Kind darin, dass der "ultimative Unterschied" zwischen Mensch und Tier der sei, dass der Mensch eine Vorstellungskraft habe. Dass er sich zum Beispiel vorstellen könne, gerade in einer nordeuropäischen Hafenstadt zu leben. Genau das macht Ria dann auch, ob es Vorstellung ist oder ihre Lebensrealität, ist nebensächlich, auf jeden Fall evoziert sie die Hafenstadt beim Zuschauer. Und entwirft einen Dialog mit sich selbst, Hafenarbeiter, die ihr hinterherpfeifen oder ihren Arsch sehen wollen. Hafenarbeiter halt, hat sie mal in einer Doku gesehen. Ria liebt Dokus. Weil sie lernen will. So Sätze wie: "Durch die heutigen Wirtschaftsstrukturen ist es so weit gekommen, dass sich Arbeit nicht lohnt und nicht mal Geldverdienen sich lohnt, sondern nur Besitz." Ria hat keinen Besitz.
Simons Stephens' "Maria" am Staatstheater Nürnberg:Guck mal, die Unterschicht
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David Bösch inszeniert am Staatstheater Nürnberg Simon Stephens' "Maria". Dem Abend droht der Tod durch Sozialkitsch. Aber seine Hauptdarstellerin rettet ihn.
Von Egbert Tholl

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