Süddeutsche Zeitung

"Männerherzen 2" im Kino:Nie wieder Wurstbrote

Lesezeit: 2 min

Der Mann, das vielgescholtene Wesen, wird derzeit im deutschen Kino mächtig aufgepäppelt. Doch während Möchtegern-Komödien wie "Resturlaub" oder "What a man" in Vulgär-Klamauk versumpfen, punktet Regisseur Simon Verhoeven mit Satire und Einfühlungsvermögen.

Rainer Gansera

"Willst du noch ein Wurstbrot?" Die Mama (Christine Schorn) beugt sich tief besorgt über ihren Sohn. In Kindertagen konnte sie ihn - sie nennt ihn Hansi und ignoriert sein Künstler-Pseudonym Jerome - mittels Wurstbroten aus jeder Krise holen. Jetzt aber, dreißig Jahre später, treibt sie ihn mit ihrer Wurstbrot-Therapie noch tiefer in die Depression.

Til Schweiger legt die Midlife-Sinnkrise des Ex-Machos Jerome mit lässiger Coolness hin: Jerome zieht sich aufs Land zu seinen Eltern zurück, vergräbt sich in seinem ehemaligen Kinderzimmer, wickelt sich in die alte Bayern-München-Decke ein und betrachtet die Ritterburgen, mit denen er einst spielte. Bis am Horizont die Traumprinzessin auf einem Schimmel vorbeigaloppiert.

Der Mann, das unbekannte und vielgescholtene, seit längerem in diversen Identitätskrisen befindliche Wesen, wird derzeit von deutschen Kinokomödien mächtig aufgepäppelt. Und das ist gut so, wenn ein Regisseur wie Simon Verhoeven zu Werke geht, denn der verfügt über das Talent, seine Mannsbilder stereoskopisch zu sehen: mit ausschweifender Satire-Phantasie und Zärtlichkeit.

Während Möchtegern-Komödien wie "Resturlaub" oder "What a man" ihre Männer-Apotheosen in Vulgär-Klamauk und Ballermännersumpf verenden lassen, kann Verhoeven mit Witz, Einfühlung und einem an Screwball-Comedies geschulten Inszenierstil erfreuen.

2009 porträtierte er in "Männerherzen" ein halbes Dutzend Typen, die charakterlich und sozial das bunteste, im Großstadtdschungel Berlins angesiedelte Männerkrisen-Gruppenbild ergaben: Macho-Womanizer (Til Schweiger), schwuler Schlager-Star-Exzentriker (Justus von Dohnányi), spießiger Einzelgänger (Christian Ulmen), Öko-Softie (Maxim Mehmet), Beziehungs-Rambo (Wotan Wilke Möhring) und ein am Peter-Pan-Syndrom leidender Beziehungsunfähiger (Florian David Fitz). "Männerherzen" erwies sich als Überraschungshit (mehr als zwei Millionen Zuschauer) und verlangte nach einer Fortsetzung, die nun dasselbe Ensemble ins Spiel bringt.

Nicht alle Gags sind taufrisch, mancher Storyfaden erscheint allzu verknotet, insgesamt aber wird das amouröse Auf und Ab vergnüglich fortgesponnen. Weil im ersten Teil der Schnulzenking Bruce Berger in Justus von Dohnányis Performance zur Kultfigur wurde, erhält er jetzt breiteren Raum und darf sich - anfangs noch etwas verstolpert - in den Fallstricken eines aberwitzigen Jugendwahns verheddern.

Bis in die kleinsten Nebenrollen schenkt Verhoeven seinen Akteuren und Aktricen Möglichkeiten, eigene Akzente zu setzen. Das zeichnet seine Regie aus, dass sie jeder Figur eine ganz besondere Zuneigung im Schwebezustand der Selbstironie zuteil werden lässt. Florian David Fitz muss seiner Ex, die es zum Soap-Star gebracht hat, hinterherschleichen und gerät dabei in die Fänge von Stalker-Fans. "Das Filmedrehen muss wie eine Landpartie mit Freunden sein", erklärte Jean Renoir, und Simon Verhoeven vermittelt gerade diesen Eindruck.

Botschaft: Der Mann in der Identitätskrise sollte sich nicht von Mama Wurstbrote vorsetzen lassen, sondern sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und das Tattoo seiner Liebsten auf dem Herzen tragen.

MÄNNERHERZEN. . . UND DIE GANZ GANZ GROSSE LIEBE, D 2011 - Regie, Buch: Simon Verhoeven. Kamera: Joe Heim. Mit: Justus von Dohnányi, Florian David Fitz, Til Schweiger, Christian Ulmen, Maxim Mehmet, Wotan Wilke Möhring, Nadja Uhl . Warner, 112 Minuten.

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Quelle:
SZ vom 15.09.2011
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