"Luck" bei Apple TV+:Zweite Chance für den Animationsfilmguru

Lesezeit: 3 min

Sam mit ihrer schottischen Katze im "Land of Luck" in der Trickkomödie "Luck". (Foto: Apple TV+)

Mit "Luck" kehrt John Lasseter bei Apple zurück - nachdem er bei Pixar wegen Belästigungsvorwürfen rausflog.

Von Fritz Göttler

Die gefährlichste location unseres Alltags, die, an der sich entscheidet, ob man Glück im Leben hat oder Pech, good or bad luck, ist das Klo. Das beginnt mit der Klopapierrolle, mit der man hantiert und die eigenwillig durch die Lücke unter der versperrten Tür nach draußen rollt in die Unerreichbarkeit, und reicht bis zur vollautomatischen Spülung, die durch den kleinsten Tropfen ausgelöst wird und dann eilfertig einen Glückspenny in die Schüssel hinabschwemmt.

Newsletter abonnieren
:SZ Film-Newsletter

Interessante Neuerscheinungen aus Film, Streaming und Fernsehen - jeden Donnerstag in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Sam Greenfield kann das bezeugen, im Animationsfilm "Luck" von Peggy Holmes. Sie bezeichnet sich als das Mädchen mit dem größtmöglichen bad luck. Sie lebt in einem Heim für elternlose Mädchen und hat es in all den Jahren zu keiner Adoption geschafft - bad luck eben. Ihre kleine Freundin Hazel hat noch Hoffnung, sie hat demnächst ein Gespräch mit einem potenziellen Elternpaar. Könnte die glücklose Sam ihr zu dem bisschen Glück verhelfen, das sie nötig hat? Sam ist inzwischen achtzehn und muss das Heim verlassen, sie kriegt ein eigenes Apartment, Souterrain, und einen Job, und bekämpft tapfer ihr unaufhörliches Pech.

Emma Thompson wollte bei dem Film wegen der Vorwürfe gegen Lasseter nicht mitmachen

"Luck" ist der erste große Film, den Skydance Animation herausbringt, bei Apple TV+, betreut von John Lasseter. Die Firma verpflichtete ihn, nachdem er Pixar/Disney verließ, denen er mit den "Toy Story"-Filmen, der "Cars"-Serie oder "Up" gewaltige Einspiele und ein paar Oscarnominierungen beschert hatte. Dann hatten Mitarbeiterinnen Lasseter sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen. Sie beschuldigten ihn, sie ohne ihr Einverständnis umarmt, berührt oder geküsst zu haben. Erst ging er in eine Art Sabbatical, dann flog er ganz. Jetzt also das Comeback, allerdings nicht ohne Gegenwind. Emma Thompson, die eine Rolle in "Luck" sprechen sollte, hat diese wegen Lasseter wieder abgegeben. Dafür ist im Film Jane Fonda mit von der Partie, als rosa Drache im Land of Luck.

Das Land of Luck ist eine Fabrik jenseits unserer Realität, zu den Mithelfern gehören Katzen und leprechauns - aus der irischen Sagenwelt -, besagte Drachendame und ein in sie verknalltes Einhorn mit deutscher Herkunft und Aussprache: Heiliger Strohsack!

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Hier werden all die kleinen Ereignisse und Zufälle kunstvoll fabriziert, aus denen sich das good luck und das bad luck der Menschen zusammensetzt, von hingebungsvollen Nerds, die wie Hacker wirken und in denen sich natürlich das Team von Skydance Animation reflektiert. Auch Unglück hat seine Eleganz - ein beschmierter Toast landet also nicht plump mit der Marmeladenseite unten auf dem Fußboden, sondern erst mal an der Wand und purzelt dann, klippklapp, die Wand hinunter: Frühstücksslapstick. Mit der Mechanisierung der Arbeit und dem Fließband hat sich der Blick auf Abläufe radikal verändert. Nun gibt es Bewegung ohne einen, der sie auslöst. Und man kann im Kino getrost den Schritt ins Leere wagen, denn immer schiebt sich eine Scheibe in den Weg, auf die man tritt und die einen weiterbefördert. Glücksballett. Regisseurin Peggy Holmes hat früher als Choreografin gearbeitet, sie war bereits bei "The Fabulous Baker Boys", 1989, dabei.

Als Sam eines Nachts sich auf den Randstein vor einem Lokal setzt und ihre Einsamkeit beklagt, gibt sie einem schwarzen Kater neben ihr unwillkürlich ein Bröckchen von ihrem Panino ab, und es ist unglaublich apart und sittsam, wie der daran knabbert. Der Kater heißt Bob, und dummerweise verliert er seinen Glückspenny, mit dem er unterwegs ist - und Sam findet ihn: Bringt das ihrer kleinen Freundin Hazel Glück!? Aber Familie, die forever family vor allem, war nie das Zentrum in den Lasseter-Filmen, die wahren Relationen und Emotionen sind horizontal, alte und neue Freundschaften und Solidaritäten. Aber nicht zu viel. Bob zieht das Fazit - Simon Pegg spricht ihn, ein schottischer schwarzer Kater, die bringen dort sehr viel Glück - und spielt damit auch auf John Lasseter an: "Cats are not really huggers ..." Katzen wollen nicht unbedingt umarmt und beschmust werden.

Luck , 2022 - Regie: Peggy Holmes. Buch: Kiel Murray, Jonathan Aibel, Glenn Berger. Schnitt: William J. Caparella. Musik: John Debney. Originalstimmen: Eva Noblezada, Simon Pegg, Jane Fonda, Whoopi Goldberg, Flula Borg. Apple TV+, 105 Minuten. Streaming-Start: 5. August 2022.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinung"Herr der Ringe" vs. "Game of Thrones"
:Wenn man eine Milliarde in eine Serie steckt, braucht man keine Filmemacher mehr

Warum die neuen Ableger von "Herr der Ringe" und "Game of Thrones" das Ende des goldenen Serienzeitalters markieren könnten.

Von David Steinitz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: