"Love, Simon" im Kino:Herzergreifend weltoffen

Lesezeit: 2 min

Die heile Highschool-Welt von Simon (Nick Robinson) bricht zusammen. (Foto: Verleih)

Greg Berlantis "Love, Simon" ist für eine High-School-Komödie ein echtes Novum. Schließlich sind schwule Protagonisten in Hollywood immer noch eine große Sache.

Von Susan Vahabzadeh

Je surrealer sich die Menschen in der realen Welt verhalten, desto wohltuender sind Filmfiguren, die herzensgut sind und doch nicht so zuckersüß, dass sie erfunden wirken.

Simon (Nick Robinson) ist so ein Charakter. Er geht noch zur Highschool, und er strahlt vor lauter positiver Energie. Er liebt Vinyl-Platten, alte natürlich. Er hat eine kleine Clique, Leah, Nick und die erst frisch zugezogene Abby; zu viert fahren sie morgens in Simons Auto vor der Schule vor. Sie sind nicht die coolen Kids, auch nicht die Zicken; sie sind aber auch keine Underdogs oder Nerds. Simon und seine Freunde sind erschütternd normal. Sie sind einfach nett. "Love, Simon" heißt dieser hinreißend herzerwärmende Film von Greg Berlanti, und das ist seltsam passend.

Simons Welt ist gar nicht so rund

Im Kino ist die Normalo-Dichte wegen der fehlenden Dramatik nicht sehr hoch. Und auch Simons Welt ist bei näherer Betrachtung gar nicht so rund. Er hat keine Freundin? Nein, hat er nicht, dafür hat er ein Geheimnis. Keinem wagt er sich anzuvertrauen, obwohl er doch so superliberale Eltern hat - Jennifer Garner und Josh Duhamel spielen sie mit großem Charme, supernett, aber auch irgendwie nervig und taktlos. Simon ist schwul. Sie könnten damit umgehen, wenn sie es wüssten.

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Ob man es nun glauben mag oder nicht, schwule Hauptfiguren sind in Hollywood immer noch eine große Sache, die Studios beweisen ihre Weltoffenheit lieber mit schwulen Nebenfiguren. "Moonlight", der von einem homosexuellen Jungen handelte und im vorigen Jahr den Oscar als bester Film gewonnen hat, war unabhängig finanziert, wie die meisten Filme über Homosexuelle. Die New York Times hat im amerikanischen Mainstreamkino nach schwulen Hauptfiguren gesucht und kaum welche gefunden. Für eine Highschool-Komödie ist es jedenfalls ein echtes Novum.

Da kommt einem die Welt vielleicht weiter entwickelt vor, als sie es tatsächlich ist; und als müsste es für einen Jungen wie Simon ganz einfach sein, vor aller Welt zuzugeben, dass er auf Jungs steht, obwohl Teenager eigentlich gar nichts gern zugeben. Immerhin hat einer wie Simon, anders als vorangegangene Generationen, Vorbilder. Sogar im Film. Es gibt einen anderen Jungen an der Schule, der offen homosexuell ist, und der macht daraus eine Show, die manche mögen und andere nicht, jedenfalls nimmt jeder sie wahr - aber Auffallen ist nicht so Simons Ding.

Wer Geheimnisse hat, ist erpressbar - und so wird Simon bald zum Opfer. Er hat einem anonymen Blogger geschrieben, es scheint einen dritten schwulen Jungen an der Schule zu geben. Früher haben Leute ihre Briefe versehentlich in Büchern versteckt und sie so öffentlich gemacht, Simon vernachlässigt die Aufsicht über sein Telefon.

Und so findet ein ziemlich lächerlicher kleiner Kerl die Mails und verlangt nun für sein Schweigen, Simon möge sich für ihn in einer lächerlichen kleinen Intrige engagieren. Er soll ihm helfen, ihn mit einer Freundin zu verkuppeln, die eigentlich schon vergeben ist. Simon fühlt sich in die Ecke gedrängt, und beginnt, Leute zu verletzen, die er gern hat, um seine eigene Haut zu retten. Greg Berlanti zeichnet Simons Welt zu Beginn mit Absicht so bonbonfarben süßlich - sie ist es nur, solange sie keiner versalzt. Und das gilt auch für ihn selbst.

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Den Action-Trash "Renegades" kann auch der tolle J. K. Simmons nicht retten. "Global Family" positioniert sich dagegen wie im Vorbeigehen zum Thema Immigration.

Love, Simon , USA 2018 - Regie: Greg Berlanti. Drehbuch: Elizabeth Berger, Isaac Aptaker, basierend auf dem Roman von Becky Abertally. Kamera: John Guleserian. Mit: Nick Robinson, Jennifer Garner, Josh Duhamel, Katherine Langford, Alexandra Shipp. Fox, 109 Minuten.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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